Rede in der Kreistagssitzung am 16. Dezember 2020
Herr Kreistagsvorsitzender, meine Damen und Herren,
Ihnen ist bekannt, dass es außer den 5 Milliarden Euro für den DigitalPakt Schulen auch ein Sofortprogramm gegeben hat, das 500 Millionen umfasst.
Diese 500 Millionen wurden nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt und die Länder ergänzen die Mittel durch einen Eigenanteil von 10 Prozent – wie auch beim DigitalPakt selbst.
Für wen wurde dieses Sonderprogramm gestartet?
Das Bundesministerium für Bildung hat ein Portal eingerichtet, aus dem ich jetzt zitiere:
„Die Corona-Krise darf keine Bildungskrise werden. (…)“
„Der Koalitionsausschuss hat beschlossen, 500 Millionen Euro bereitzustellen, um Schülerinnen und Schülern, die zu Hause nicht darauf zugreifen können, ein mobiles Endgerät zu geben.“
„Digitales Lernen hat bereits in den zurückliegenden Wochen im ganzen Land deutlich an Bedeutung gewonnen. Das wird auch in den kommenden Monaten so bleiben.
Deshalb werden Schülerinnen und Schüler zu Hause einen Laptop o. ä. zum Lernen benötigen. Nicht alle Eltern sind in der Lage, ihren Kindern ein solches Gerät zu kaufen. Deshalb ist es ein wichtiger Schritt für mehr Bildungsgerechtigkeit, dass Bund und Länder mit dem Sofortprogramm die Teilhabe an digitaler Bildung ermöglichen.“
(Ende der Zitate)
Leider wurden mit dem Sonderprogramm keine verbindlichen Kriterien für die Verwendung und Vergabe der Mittel aufgestellt. Es ist dem Wetteraukreis überlassen, wie die Schulen und Schüler*innen ermittelt werden, die digitale Endgeräte benötigen.
Wie auch in anderen Bereichen zeigt sich auch hier deutlich, dass es im Wetteraukreis in Puncto Armut und finanzielle Bedürftigkeit einen blinden Fleck in der Wahrnehmung gibt.
Laut der Antwort auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. / Piraten vom 11. Dezember 2020 und diversen Ausschussprotokollen des Ausschusses für Bildung geht hervor, dass die Mittel aus dem Sonderprogramm nicht zielgerichtet für den vorgesehenen Personenkreis eingesetzt wurden. Sie wurden an die Schulen verteilt und zwar nicht nach der Zahl der Schüler*innen mit Bedarf,
sondern nach der Zahl der Schüler*innen allgemein.
Da es im Wetteraukreis keinen Sozialindex gibt, der die sozialen Brennpunkte benennt und eine Übersicht zur sozialen Zusammensetzung der Schulen liefern könnte, ist im Gießkannenprinzip vorgegangen worden, statt das im Sonderprogramm genannte Klientel ausreichend zu versorgen.
So bekommen zum Beispiel Gymnasien mit mehrheitlich Schüler*innen aus gutsituierten Elternhäusern noch Digitale Endgeräte dazu.
Aber Schulen mit eher anderem Klientel – mit Kindern aus Elternhäusern, die weniger verdienen, einkommensschwach sind oder gar soziale Hilfen benötigen – werden nicht besonders berücksichtigt und ausgestattet.
Und zusätzlich sorgen dann gutsituierte Eltern noch für eigene Sonderprogramme,
wie zum Beispiel der Zuschuss von 19.500 Euro aus der Sparkassenstiftung an das konfessionelle Privatgymnasium Sankt Lioba. Da fragt man sich doch: Wo besuchen eigentlich die Kinder des neuen Sparkassenchefs die Schule?
In der Antwort zu unserer Anfrage sagen Sie:
„Die Entscheidung über die Verteilung (der Leihgeräte) obliegt der Schule.“ Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Davon weiß die Schule meiner Tochter nichts. Sie sagen, dafür ist der Wetteraukreis zuständig. Und so wird das Kuddelmuddel auf dem Rücken der Kinder ausgetragen, die immer noch kein Endgerät haben.
Wir fordern Sie daher auf, einen zusätzlichen Absatz in den Medienentwicklungsplan aufzunehmen, in dem sich damit auseinandergesetzt wird, wie wirklich ALLE Schülerinnen und Schüler mit digitalen Geräten versorgt werden. Das heißt: Es muss ein Konzept geben, wie soziale Benachteiligungen ganz gezielt ausgeglichen werden können.