Haushaltsrede im Stadtparlament. Uwe Maag fordert mehr Engagement gegen Armut

Werte Kolleginnen und Kollegen,
Zuallererst möchte ich mich wieder bei den Mitarbeitern unserer Stadt mit einem kleinen Gedicht bedanken.

Workaholic
Wer zur „Workaholic“ neigt,
Managermanieren zeigt,
in Arbeit steckt tagein, tagaus
und nur das Schaffen kennt durchaus,
so schier in Streß und Plag‘ versinkt,
im Job stets Spitzenleistung bringt,
mit dem Beruf verheirat‘ scheint,
weil alle Freizeit er verneint,
kriegt Anerkennung ungefragt –
doch häufig auch den Herzinfarkt.

In diesem Sinne, danke ich Ihnen für Ihr Engagement für unsere Stadt. Ohne Sie gäbe es keine lebenswerte Stadt Karben. Achten Sie aber auch stets auf Ihre Gesundheit, damit Sie uns noch lange erhalten bleiben. Ich danke Ihnen.

Werte Kolleginnen und Kollegen,
dies ist nicht nur die Haushaltdebatte in Zeiten von Corona, sondern auch die letzte der Legislaturperiode. Deswegen möchte ich in meiner Rede nicht nur diesen Haushalt bewerten, sondern auch die vergangenen fünf Jahre Revue passieren lassen und skizzieren welche Aufgaben sich daraus für die Zukunft ergeben.

Mittlerweile ist ja allgemein anerkannt, dass das größte Problem unserer Stadt der bezahlbare Wohnraum ist. Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Noch zu Beginn der Wahlperiode wurde das Problem von der CDU geleugnet. Anträge, wie den zur Erhebung der ausgeschriebenen Mietpreise in den Onlineportalen, wurden abgeschmettert. Dann kam man auf die irrwitzige Idee man könne die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum dem Markt überlassen. Das Ergebnis sind Mahnmale der Profitgier und der Ausbeutung des Grundbedürfnisses Wohnen: Denken sie nur an den Taunusbrunnen, oder das Baugebiet am alten Sportplatz in Groß-Karben.
Und erlauben sie mir an dieser Stelle noch eine zusätzliche Kritik. Ich fühle mich auch zunehmend von den Investoren verarscht. Wie grün und weitläufig wurden uns die Modelbilder vom Taunusbrunnen und zum Beispiel auch von der neuen Mitte präsentiert. Und was ist am Ende draus geworden?! Platzoptimiert und zubetoniert präsentiert sich uns das Ergebnis.
Froh und stolz bin ich dagegen, dass es der Linken und vielen Anderen durch stetigen Druck gelungen ist, hier ein Umdenken herbei zu führen. Mit dem Projekt am Brunnenquartier geht es endlich in die richtige Richtung. Öffentlicher Wohnungsbau für den Menschen, statt privater Wohnungsbau für den Profit. Nur so werden wir es schaffen, bezahlbaren Wohnraum für jedermann zu realisieren.
Aber wir müssen auch dem Mehrfamilienhaus Vorrang vor dem Einfamilienhaus geben. Unsere Flächen sind endlich, der Klimawandel und der Naturschutz zwingen uns möglichst effektiv und nachhaltig mit ihnen umzugehen. Auch wenn ich den Wunsch nach einem Eigenheim sehr gut nachempfinden kann, wir vergehen uns an der Zukunft unserer Kinder wenn wir weiter Baugebiete, wie nun in Petterweil entwickeln, bei denen das Einfamilienhaus im Mittelpunkt steht. So leid es mir tut.
Die Linke wird jedenfalls weiter dafür kämpfen, dass weiterer bezahlbarer Wohnraum in Karben entsteht. Menschenwohl und Ökologie müssen hier klar vor Profitinteressen stehen. Auch mit dem Brunnenquartier wird das Problem nicht gelöst sein.

Ein Problem, welches sich durch Corona stetig verschärft, ist die Armut. Und gerade im Umgang mit dieser verzweifle ich immer wieder an Einstellung der Mehrheit in diesem Hause.

Am schlimmsten finde ich es, wenn eigentlich Überschüsse da wären um die größte Not mit zu lindern, man sich aber darauf zurückzieht, dass man ja nicht für Armutsbekämpfung zuständig sei. Etwa als ich einen Haushaltsposten eingefordert hatte, mit dem man armen Menschen, die im Winter von Stromabschaltungen betroffen sind, helfen könne. Oder als ich in der letzten Sitzung Überlegungen in den Raum gestellt habe, armen Menschen Vergünstigungen, zum Beispiel im Hallenbad zu ermöglichen, wehrte man dies entschieden ab. Jetzt ist es mir ja wenigstens gelungen, etwas für gesellschaftliche Teilhabe im Zusammenhang mit Vereinsförderung durchzusetzen. Aber Armen einfach und direkt helfen, das scheinen Sie ja zu fürchten wie der Teufel das Weihwasser. 

Aber nicht nur das. Die CDU Karben entwickelt ja dann noch Bestrafungsfantasien im dreistelligen Eurobereich für liegengelassenen Hundekot oder zu spät eingereichte Kitagebührenanträge, ohne sich nur eine Winzigkeit darum zu scheren, was für unverhältnismäßige Auswirkungen solche Strafgebühren auf von Armut betroffene Personen haben würden. Ich kann nicht verstehen, wie kaltherzig die Mehrheit des Hauses mit diesem Thema umgeht.
Wir Linke werden jedenfalls auch weiterhin die Belange dieser Menschen aufs politische Tableau bringen. Leider scheint es ja sonst hier keiner zu tun.

Auch hinsichtlich einer ökologischen Verkehrswende sind hier leider Fehlentscheidungen getroffen worden. Gemeinsam müssen wir doch das Ziel verfolgen, auch in Karben möglichst viele Menschen dazu zu bewegen, den ÖPNV oder das Fahrrad zu nutzen. Und was wird hier beschlossen? Das Ein-Euro-Ticket für den innerstädtischen Bus wird abgeschafft, weil es zu erfolgreich war. S-Bahn fahren wird unattraktiver gemacht, indem man Gebühren fürs Parken erhebt. Der Niddaradweg als Fahrradverkehrsachse der Innenstadt wird nachts nicht beleuchtet und es wird hingenommen, dass wir in Karben keinen Fahrradladen mit Werkstadt mehr haben.
Ich sehe, abgesehen von den Grünen und uns, bei keiner Partei den notwendigen politischen Willen hier etwas grundlegend zu bewegen.
In dem Zusammenhang möchte ich auch ankündigen, dass ich nächste Sitzung erneut den Antrag stellen werde, dass der Klingenwiesenweg für den Autoverkehr nach den Schrebergärten gesperrt wird. Ich bin gespannt, wie das Ergebnis dieses Antrages sein wird.
Zudem werde ich auch nicht müde werden zu betonen, dass ich es als ein Relikt aus dem Mittelalter empfinde, wenn wir kirchlichen Trägern erlauben unsere Kleinkinder zu erziehen. Erziehung sollte Aufgabe der Eltern und der staatlichen Einrichtung sein. Sie sollte auf Aufklärung, Wissenschaft und Menschlichkeit fußen, nicht auf uralten Schriften, deren Inhalte längst überholt sind.

Ich möchte allerdings auch nicht alles schwarz malen. Denn auch wenn die angesprochenen Probleme zum Teil dramatisch sind, so hat sich die Stadt insgesamt in der letzten Wahlperiode positiv entwickelt. Die Niddarenaturierung war ein Erfolg – auch wenn ein ergänzender Park mit Grillmöglichkeit noch fehlt. Die Weiterentwicklung des Stadtzentrums ist eher positiv zu bewerten. Die Kleinkinderbetreuung hat sich positiv entwickelt, Fahrradwege wurden ausgebaut, Spielplätze gelungen aufgewertet und erneuert.
Ich bin froh, dass ich als Stadtverordneter für meine Partei dazu beitragen konnte. So zum Beispiel durch meine Anträge zum Wohnungsmarkt, zu Kitagebühren, dem Kitapersonal, dem Radweg nach Rodheim, dem Spielplatz am Günter–Reutzel- Sportplatz, zur Vereins- und Teilhabeförderung und einige mehr.
An dieser Stelle möchte ich auch der CDU und dem Bürgermeister danken, dass sie hier und da auch offen waren für meine Initiativen. Ich nehme das nicht als selbstverständlich bei einer absoluten CDU Mehrheit.
Entsprechend möchte ich auch sagen, dass mir die Arbeit mit Ihnen allen sehr viel Freude bereitet hat. Besonders der demokratische Battle mit Ihnen Herr Beck. Ich würde mich freuen, auch in der nächsten Legislaturperiode mit vielen von Ihnen wieder um die bestmögliche Zukunft für unsere Stadt zu streiten.
Nur fände ich es schöner, wenn dann die Linke Seite des Hauses die Mehrheit haben würde. Am besten unter dunkelroter Dominanz. Und sollte das der Fall sein, verspreche ich auch hier und da offen für die Initiativen der CDU zu sein.