Ausländerbehörde: Wer ist zuständig?

Anfrage an das Regierungspräsidium Darmstadt: Zuständigkeiten

Im Zusammenhang mit der Abschiebung der Familie Sogamanian wurde im Kreistag deutlich: Die Zuständigkeit für Probleme wird von den Parteien hin und her geschoben. Kritisiert man das Ausländeramt der Wetterau, verweist die Kreisspitze (SPD, Grüne, FDP) auf das Regierungspräsidium und bestreitet die Zuständigkeit vor Ort. Denn dafür wären sie zuständig. Kritisiert man das Regierungspräsidium, wehrt sich die CDU. Denn dafür trägt die hessische Landesregierung die Verantwortung und damit die CDU.

DIE LINKE. will es nun vom Regierungspräsidium selbst wissen, wer verantwortlich ist und schrieb die folgende Anfrage:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Das Regierungspräsidium Darmstadt ist für Verteilung und örtliche Zuweisung ausländischer Flüchtlinge und anderer Personen nach dem Landesaufnahmegesetz hessenweit zuständig.

DIE LINKE. Fraktion im Kreistag der Wetterau möchte Sie deshalb um Beantwortung der unten stehenden Fragen bitten:

 

1. Ihrer Internet-Seite ist zu entnehmen, dass das RP die Fachaufsicht über die Ausländerbehörden der Kreise ausübt.

Obliegt dem Regierungspräsidium sowohl die Fach- als auch die Dienstaufsicht für die Ausländerbehörde des Wetteraukreises? Oder: Wem obliegt die Dienstaufsicht?

Antwort: Dem Regierungspräsidenten Darmstadt obliegt die Fachaufsicht über die Ausländerbehörde des Wetteraukreises. Die Dienstaufsicht über die Bediensteten der Ausländerbehörde obliegt dem Landrat des Wetteraukreises.

 

2. Wer ist zuständig für die Entscheidung, dass eine Person abgeschoben werden soll?

Antwort: Für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen sind gemäß §71 Abs.1 Satz 1 AufenthG die Ausländerbehörden zuständig. Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle kann nach Satz 2 bestimmen, dass für einzelne Aufgaben nur eine oder mehrere bestimmte Ausländerbehörden zuständig sind.

Gemäß §2 Abs.1 der Verordnung über die Zuständigkeiten der Ausländerbehörden und zur Durchführung des Aufenthaltsgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes vom 21. Juni 1993 in der Fassung vom 17. Dezember 2009 sind in Hessen zuständig für Vollstreckungsmmaßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber einschließlich ihrer Familienangehörigen (Ehegatten und minderjährige Kinder) und Lebenspartnerinnen und Lebenspartner, auch wenn sie keinen Asylantrag gestellt haben,

– das Regierungspräsidium Darmstadt als Bezirksordnungsbehörde im Regierungsbezirk Darmstadt mit Ausnahme der Städte Darmstadt, Frankfurt am Main, Offenbach am Main und Wiesbaden.

– das Regierungspräsidium Gießen als Bezirksordnungsbehörde im Regierungsbezirk Gießen,

– Das Regierungspräsidium Kassel als Bezirksordnungsbehörde im Regierungsbezirk Kassel mit Ausnahme der Stadt Kassel.

In den vorgenannten Städten obliegt diese Aufgabe dem Oberbürgermeister.

 

3. Unter welchen Umständen ist die Ausländerbehörde des Wetteraukreises befugt

–          Papiere einzuziehen?

–          Arbeitserlaubnisse zu erteilen oder zu entziehen?

–          zur Abschiebeentscheidung beizutragen?

–          Polizeieinsätze am Abschiebetermin zu veranlassen?

Antwort: Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern soll gemäß §50 Abs.5 des Aufenthaltsgesetzes(AufenthG) der Pass oder Passersatz bis zur Ausreise in Verwahrung genommen werden. Gemäß §15 des ASylverfahrensgesetzes ist der Ausländer im Rahmen seiner allgemeinen Mitwirkungspflichten unter Anderem verpflichtet, alle erforderlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, die in seinem Besitz sind, den zuständigen Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen.

Abgelehnten Asylbewerbern, denen eine Duldung erteilt wird, darf gemäß §10 Abs.1 der Beschäftigungsverfahrensverordnung (BeschVerfV) die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt werden, wenn sie sich seit einem Jahr erlaubt, geduldet oder mit Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufgehalten haben. Die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ist grundsätzlich erforderlich.

Hält sich der Ausländer seit 4 Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet auf, erfolgt nur noch eine eingeschränkte Prüfung der Bundesagentur für Arbeit; die Prüfung, ob vorrangig berechtigte Arbeitnehmer vorhanden sind, entfällt.

Gemäß §11 BeschVerfV darf die Beschäftigung nicht erlaubt werden, wenn eine Rückführung des betroffenen Ausländers aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht durchgeführt werden kann (z.B. Täuschung bei der Identität bzw. fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten).

Sollte der vollziehbar ausreisepflichtige abgelehnte Asylbewerber seiner Ausreisepflicht nicht freiwillig nachkommen, muss die Ausreisepflicht von den dafür zuständigen Behörden – in Hessen von den Zentralen Ausländerbehörden bei den jeweiligen Regierungspräsidien – durchgesetzt werden.

Die zuständigen Mitarbeiter bei den Zentralen Ausländerbehörden bereiten die Abschiebung (Flugbuchungen, Passersatzbeschaffung usw.) zu einem bestimmten Zeitpunkt vor. Bei der Durchführung der Abschiebung leisten Bundespolizei und Landespolizei Vollzugshilfe.

 

4. Welche Aufgaben hat die Kreisverwaltung bezüglich der Ausländerbehörde im Wetteraukreis?

Antwort: Mit dem Gestz zur Neuordnung der Aufgaben des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung vom 21. März 2005 wurden die bisher von dem Landrat als Behörde der Landesverwaltung wahrgenommenen Aufgaben als allgemeine Ordnungsbehörde mit Ausnahme der Aufgaben §2 der Verordnung über die Zuständigkeiten der Ausländerbehörden (Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörden für Vollstreckungsmaßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber) dem Landrat als Aufgabenangelgenheit nach §4 Abs.2 der Hessischen Landkreisordnung übetragen.

Vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes wurden die Aufgaben der Ausländerbehörde, also von der Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. Ausstellung/Verlängerung einer Aufenthaltsgestattung bis zur ausländerbehördlichen Stellungnahme im Einbürgerungsverfahren vom Landrat als Behörde der Landesverwaltung wahrgenommen. Die dort beschäftigten Beamtinnen und Beamten waren Landesbeamte.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes werden dieselben Aufgaben vom Landrat als Auftragsangelegenheit ausgeführt. Die jeweiligen Beamtinnen und Beamte sind nunmehr kommunale Beamte.

 

5. Werden die Mitarbeiter/innen des Ausländeramtes regelmäßig fortgebildet und steht ihnen eine Supervision zur Verfügung?

Antwort: Die Aus- und Fortbildung obliegt dem Landrat des Wetteraukreises (siehe Antwort auf Frage 1). Die Frage, ob und inwieweit den Mitarbeiterrinnen und Mitarbeitern der Ausländerbehörde die Möglichkeit zur Supervision angeboten werden sollte, unterfällt enbenfalls seiner Beurteilung.

 

Was ist daraus geworden?

Die Anfrage wurde nicht angenommen: da es sich um eine Anfrage an das Regierungspräsidium handelt, teilte uns der Kreis am 13.9.2012 mit, die Landtagsfraktion der Linken solle die Anfrage stellen. Wir haben unsere Landtagsfraktion nun darum gebeten, aktiv zu werden.

Das hat die auch getan. Doch die Antwort ließ viele Wochen auf sich warten. Am 2. januar 2013 antwortete Boris Rhein, als Minister des Inneren und Sports.