Nachdem im Jahr 2013 vielfältige Proteste ein humanes Handeln der Wetterauer Ausländerbehörde einforderten, wurde diese im Januar 2014 zum Leuchtturmprojekt erklärt. Als einziges hessisches Ausländeramt wurde es in das bundesweite Projekt „Ausländerbehörden zu Willkommensbehörden“ aufgenommen. Die Mitarbeiter/innen wurden interkulturell geschult und von einer Consulting-Firma professionell beraten. Landrat Arnold, der die Fachaufsicht ausübt, stellte damals ein spezielles Beschwerdemanagement in Aussicht, um den andauernden Protesten zu begegnen. Danach wurde es auch ruhiger um die Ausländerbehörde.
Doch seit einiger Zeit häufen sich wieder negative Berichte.
Die Migration vieler Flüchtlinge stellt hohe Anforderungen an die Mitarbeiter/innen der Ausländerbehörde. Sicher ist, dass diese Aufgaben nicht erfüllt werden können, wenn das Amt nicht ausreichend personell ausgestattet ist. Doch genau das ist schon längere Zeit der Fall. Die unselige Sparpolitik des Wetteraukreises verhinderte, dass Krankheitsvertretungen eingestellt, offene Stellen besetzt und dringend nötige Stellen neu geschaffen wurden. Die Mitarbeiter/innen können eine solche Personalpolitik nicht kompensieren. Selbst wenn es jetzt zu Neueinstellungen käme, müssen die neuen Mitarbeiter/innen erst längere Zeit eingearbeitet werden.
Derzeit zeigt die Ausländerbehörde ein desaströses Bild und das angekündigte Beschwerdemanagement versagt anscheinend gänzlich.
Die häufigsten Missstände sind:
Es werden täglich nur maximal 60 Vorsprechende angenommen, danach schließt die Behörde. Oft bereits nach einer Stunde Öffnungszeit. Die Glücklichen, die um 7.30 Uhr eine Wartenummer ziehen konnten, warten stundenlang – oft zwischen drei und sechs Stunden. Ebenso lang sind die Wartezeiten, wenn telefonisch ein Termin vergeben wurde.
Die telefonische Terminvegabe ist nicht unproblematisch – die telefonische Erreichbarkeit ist nicht immer gegeben. Schriftliche Anfragen per mail und fax werden oft nicht beantwortet.
Diejenigen, die an einem Tag keine Wartenummer mehr erhalten, können keinen Termin für einen anderen Tag vereinbaren. Sie müssen erneut ihr Glück versuchen. Wenn jemand z. B. aus Büdingen angereist ist, ist das ein Problem, denn das Fahrgeld wird nicht erstattet. Die Flüchtlinge können es sich nicht leisten, mehrmals erfolglos nach Friedberg zu fahren.
Es gibt keinen besetzten Schalter im Eingangsbereich und so muss auch für Kleinigkeiten ein Vorsprachetermin ausgemacht werden: organisatorische Fragen, einfache Auskünfte, Erhalt von Formularen, Abgabe von Unterlagen, Terminvergabe, Meldung der neuen Adresse nach einem Umzug, usw.
Hoch problematisch für die Flüchtlinge ist, wenn durch diese Amtspraxis Fristen oder andere Termine versäumt werden – oder sogar fristenwahrende Schreiben von Anwälten nirgends abgegeben werden können. Oder wenn z. B. die Zustellung der Papiere an eine neue Adresse nicht erfolgen konnte oder ein Eingangsstempel für abgegebene Unterlagen nicht erteilt wurde. Der Flüchtling kann nicht nachweisen, dass er versucht hat, bei der Ausländerbehörde vorzusprechen, weil keine Bestätigungen erteilt werden, dass man da war aber nicht dran kam.
Diese Praxis wird im Ergebnis als „Verletzung der Mitwirkungspflicht“ gewertet und hat negative Auswirkungen – z. B. auf die Anerkennung als Flüchtling oder auch, wenn ein Familiennachzug ansteht.
Problematisch ist auch, wenn die Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und Ausländerbehörde nicht abgestimmt ist. Die Mietsituation der Flüchtlinge in manchen Gemeinden ist ungeklärt – liegt beispielsweise kein offizieller Mietvertrag vor, zahlt das Jobcenter keine Unterkunftskosten.
Als Fazit stellt DIE LINKE. fest, dass es sich bei der Ausländerbehörde Wetterau um keine Willkommensbehörde handelt. Im hessischen Leuchtturmprojekt ist das Feuer erloschen!
Die Personalsituation ist weder für die Mitarbeiter/innen noch die Kundschaft oder die ehrenamtlichen Helfer/innen zumutbar.