Fragen zur Praxis des Jobcenters Wetterau

Anfrage vom 11. 1. 2023

Die Fraktion DIE LINKE. bittet um die Beantwortung folgender Anfrage:

Frage 1: Laut Ihrer Antwort auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. im Jahr 2017 lag die Höhe der Leistungen für Erstausstattungen bei 1195,-Euro für eine Einzelperson. Im Ausschuss JSSK wurde dann in der Folgezeit beschlossen, die Höhe in regelmäßigen Abständen anzupassen.
Fragen:
a) Wie hoch ist der jetzige Auszahlungsbetrag? Für eine Einzelperson? Für eine BG
ohne Kinder? Für eine BG mit Kindern/je Kind?
Wann wurde er wie angepasst?

Antwort: Zuim 1. 1. 2022 wurden die Beträge für eine vollständige Wohnungsausstattung folgendermaßen angepasst:
Einzelperson: 1.430 Euro
2er-BG ohne Kinder: 1.540 Euro
Zusatzbetrag pro Kind: 270 Euro

b) Gibt es eine Listenaufstellung der einzelnen Einrichtungsgegenstände? (mit
Preisen?) Falls ja, bitte vorlegen.

Antwort: Ja

c) Muss bei einer Antragstellung, beispielsweise beim Auszug aus einem Asylbewerberheim, eine Liste mit der Aufstellung der benötigten Gegenstände angegeben werden oder reicht eine einfache Antragstellung?

Antwort: Grundsätzlich muss angegeben werden, was benötigt wird. Wenn jedoch nachvollziehbar dargelegt werden kann, dass eine komplette Erstausstatttung benötigt wird, reicht eine einfache Antragstellung aus (wie zum Beispiel bem Auszug aus einer Gemeinschaftsunterkunft).

d) Wie viele Anträge auf Leistungen für Erstausstattung wurden seit dem Jahr 2017 jährlich gestellt und wie war die durchschnittliche Höhe der Genehmigungssumme?

Antwort: Aus der Grundsicherungsstatistik kann lediglich erhoben werden, wie viele Bedarfsgemeinschaften (BG) eine Auszahlung für eine Erstausstattung erhalten haben.
Hierzu die gewünschte Aufstellung:
2017: 730 BGs, durchschnittliche Auszahlungssumme: 844,63 Euro
2018: 667 BGs, durchschnittliche Auszahlungssumme: 833.99 Euro
2019: 551 BGs, durchschnittliche Auszahlungssumme: 859,79 Euro
2020: 478 BGs, durchschnittliche Auszahlungssumme: 893,78 Euro
2021: 352 BGs, durchschnittliche Auszahlungssumme: 925,97 Euro

Frage 2: Die Bundesregierung hat den § 67 SGBII – Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung – aus Anlass der COVID-19-Pandemie-Verordnungsermächtigung bis Dezember 2022 verlängert.
In Abschnitt 3 steht:
a) § 2 Absatz 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Dauer von sechs Monaten als angemessen gelten.

Antwort: Der vereinfachte Zugang bedingt, das im ersten Bewilligungsabschnitt die tatsächlichen Kosten der Unterkunft übernommen werden. Das Kostensenkungsverfahren beginnt erst nach dem ersten Bewilligungsabschnitt.

b) Nach Ablauf des Zeitraums nach Satz 1 ist § 22 Absatz 1 Satz 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum nach Satz 1 nicht auf die in § 22 Absatz 1 Satz 3 genannte Frist anzurechnen ist.

Antwort: Grundsätzlich besteht Freizügigkeit. Sind mit dem Umzug aber Umzugskosten oder höhere Kosten der Unterkunbft verbunden, so können diese nur mit einer Umzugsgenehmigung übernommen werden.

c) Satz1 gilt nicht in den Fällen, in denen im vorangegangenen Bewilligungszeitraum die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkannt wurden.
Fragen:
   a) Wie geht der Wetteraukreis mit diesen Änderungen um?
   b) Muss bei einem Umzug immer noch eine Umzugsgenehmigung eingeholt werden?
   c) Falls ja, welche Kriterien werden für eine Genehmigung zu Grunde gelegt?

Antwort: Die Notwendigkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Unterkunftskosten werden überprüft.

Frage 3: a) Am 15. September 2022 stellte die Fraktion DIE LINKE. im Kreistag eine Anfrage zu dem Personenkreis, der bisher keine SGB II Leistungen erhielt, durch gestiegene Heiz- oder Nebenkosten aber von überdurchschnittlich hohen Nachzahlungen betroffen und dadurch bedürftig geworden sein kann.
Ihre Antwort lautete: „Es ist zutreffend, dass gestiegene Nachzahlungen für Heiz- oder Nebenkosten den Bedarf erhöhen. Dadurch kann Hilfebedürftigkeit i.S. des SGB II entstehen, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach sich ziehen kann. Es ist dabei rechtmäßig und gängige Praxis, diese einmal anfallenden Aufwendungen auf einen Zeitraum von sechs Monaten aufzuteilen. Es erfolgt wie bei jedem Neuantrag eine fiktive Gegenüberstellung des individuellen Bedarfs der Antragsteller unter anteiliger Anrechnung der Mehrkosten einerseits und sämtlichen verfügbaren Einkommens andererseits. Ergibt sich ein übersteigender Bedarf, besteht für diesen Monat ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.“

Fragen:
Kann es sein, dass Sie sich geirrt haben und Ihre Auskunft auf der früheren BSG-Rechtssprechung beruht? Wenn das zutrifft: Wie wird die falsche Vorgehensweise korrigiert?
Unserer Information nach ist diese Antwort nach der neuen Rechtssprechung des BSG falsch:
BSG 8.5.2019 – B 14 AS 20/18 R
Einmalige Kosten für die Beschaffung von Heizmaterial (In diesem Falle: 1.385,23 € für einen Jahresvorrat an Heizöl) sind als aktueller Bedarf im Monat der Fälligkeit gemäß § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II auch dann zu übernehmen, wenn durch die Bevorratung mit Heizmaterial nur für den jeweiligen Monat Hilfebedürftigkeit entsteht.
– „Eine Rechtsgrundlage zur Verteilung eines in einem bestimmten Monat anfallenden Bedarfs für Heizmaterial, das für einen längeren Zeitraum gekauft worden ist, enthält das SGB II nicht.“
– „ebenso wenig liegen hier die Voraussetzungen für ein sozialwidriges Verhalten nach § 34 SGB II vor. Aus der generellen Selbsthilfeverpflichtung in § 2 Abs 2 SGB II [Hilfebedürftigkeit zu vermeiden] ist insofern ebenfalls nichts herleitbar.“
Am 16.5.2007 hatte das BSG noch entschieden, dass bei der Menge des zu beschaffenen Heizmaterials auf den Bewilligungszeitraum abgestellt werden müsse. Eine weitergehende Beschaffung könne dann sinnvoll sein, wenn ein weiterer SGB-II-Leistungsbezug hinreichend wahrscheinlich ist. (B7b AS 40/06 R)

Antwort: Das Jobcenter setzt bei den Unterkunftskosten Weisungen des Wetteraukreises um. Diese beinhalten die seinerzeit beschriebene Aufteilung auf sechs Monate. Die Weisungen des Wetteraukreises beziehen sich auf Regelungen des Landes Hessen. Es ist denkbar, dass diese auf früherer Rechtssprechung beruhen.
Der Wetteraukreis hat die Problematik über das HMSI an das BMAS gespiegelt. Nach Klärung und Rückmeldung kann das zu einer Veränderung der Vorgehensweise führen.

b) In der gleichen Anfrage wollten wir wissen, ob es richtig ist, dass derartige Nachzahlungen (Nachforderungen von Neben- oder Heizkosten) als sog. aktueller Bedarf im Fälligkeitsmonat (30 Tage nach Erhalt der Abrechnung der Nachforderung gemäß § 286 Abs. 3 BGB) gelten und eine Leistung des Jobcenters nur in diesem Zeitraum (Fälligkeitsmonat) beantragt werden kann.
Sie haben geantwortet: Nein. Anträge können auch nach Ablauf der genannten Frist von 30 Tagen gestellt werden.
Wir würden unsere Frage gern spezifizieren:
a) Ist es richtig, dass die Anträge nur dann auch nach Ablauf der 30-Tage-Frist gestellt werden können bzw. Abrechnungsbelege eingereicht werden können, wenn Leistungsberechtigte im laufenden Bezug von Leistungen sind (Änderung der Verhältnisse)?

Antwort: Ja, das ist richtig. Hinweis: bei der Beantwortung Ihrer Anfrage vom 15. 9. 2022 wurde davon ausgegangen, dass sich die Frage auf den Regelfall eines laufenden Leistungsbezugs bezog.

b) Kann es sein, dass dies nicht zutrifft im Falle, wenn die Leistungsberechtigten nicht im laufenden SGB II Bezug sind?
Sollte diese Personengruppe nicht immer im Fälligkeitsmonat (möglichst mit dem Zugang der Rechnung) den Neuantrag stellen, um nicht in Gefahr zu laufen, dass es beim unbestimmten Begriff der Fälligkeit (und wie lange dieser Zeitraum andauert – der 30 Tage-Zeitraum ist umstritten!) der Antrag nicht mehr anerkannt wird?

Antwort: Ja, es ist richtig, dass dies nicht auf alle Fälle zutrifft, die nicht im laufenden Leistungsbezug stehen. Menschen, die nicht im laufenden Leistungsbezug stehen, sollten den Antrag immer im Fälligkeitsmonat stellen, da der Antrag ansonsten abgelehnt werden würde.

Frage 4: Wie hoch ist die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften im Wetteraukreis zum
1. Oktober 2022? Wie viele Personen sind das?

Antwort: Daten der Grundsicherungsstatistik werden mit einer Wartezeit von drei Monaten veröffentlicht. Derzeit liegen Daten für den Berichtsmonat Juli vor:

Bestand der Bedarfsgemeinschaften: 7.598
Bestand der personen: 15.470