Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Kundgebung in Friedberg, Kleine Freiheit, zum 80. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg. Musikalisch unterstützt von der Agitpropgruppe Dynamo Frankfurt.
Gabi Faulhaber hielt folgende Rede:

Meine Damen und Herren!
Liebe Freundinnen und Freunde!
Liebe Genossinnen und Genossen!

Vor 80 Jahren – mit der Kapitulationserklärung vom 8. Mai 1945 – war der verheerende Zweite Weltkrieg zu Ende. Damit endete auch die Schreckensherrschaft des deutschen Faschismus in Europa.
In ganz Europa jubelten die Menschen.
Nur in Deutschland blieb die Freude über die Befreiung von Krieg und Faschismus verhalten.
Das Deutsche Volk war aus eigener Kraft nicht fähig gewesen, die faschistische Herrschaft abzuschütteln und den Krieg zu beenden. Die Mehrheit hat sich nicht widersetzt. Und für viele der reaktionären und faschistischen Gefolgsleute – die waren ja nicht vom Erdboden verschwunden – war das kein Sieg, sondern eine herbe Niederlage.

Im Nachkriegsdeutschland erstarkten wieder revanchistische Kräfte, die davon träumten, wieder nach Osten zu marschieren. Sie betrieben die Wiederbewaffnung Deutschlands und forderten sogar eine atomare Bewaffnung. Jahrzehnte wurde im Kalten Krieg die Sowjetunion zum aggressiven Erzfeind hochstilisiert und der Antikommunismus Staatsräson.

Der Russe steht schon vor der Tür und ist bereit, uns jeden Moment anzugreifen, seit ich denken kann. Schon gleich nach dem Krieg wurde die Geschichte verdreht – gerade als ob die Russen Deutschland angegriffen hätten und nicht umgekehrt.

Mit dieser Russenangst und mit einem irren Antikommunismus wurde in der Bevölkerung die Wiederbewaffnung Deutschlands begründet, wurde das KPD-Verbot durchgedrückt, wurden Notstandsgesetze erlassen, gab es Einschüchterung mit Berufsverboten und Regelanfragen beim Verfassungsschutz, wurden linke Betriebsräte gemobbt und entlassen, wurden 20 US-Militärstützpunkte in Deutschland legitimiert, Mittelstreckenraketen stationiert und Friedensaktivisten kriminalisiert. Wer zur 5. Kolonne Moskaus erklärt wurde, konnte nicht erwarten, in der deutschen Demokratie geschont zu werden.

Trotzdem gab es eine breite Bewegung für Entspannungspolitik und friedliche Koexistenz.
Zwischen 1972 und Ende der 80er Jahre wuchs die Hoffnung, der Revanchismus sei überwunden.
Welch ein Irrtum!
Diese Hoffnung war auf Wunschdenken aufgebaut.

Fragt euch doch mal, warum hier in Deutschland so wenig aus der Geschichte gelernt wurde?
Fragt euch doch mal, wem der deutsche Faschismus genützt hat?
Fragt euch, wem der Krieg genützt hat?
Und wer hat heute Interesse an einem gigantischen Kriegshaushalt und diesen irren Kriegsszenarien?

Das faschistische Deutschland hatte mit schuldenfinanzierter Rüstungsproduktion gezielt auf den Weltkrieg zugesteuert und ihn am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen auch begonnen. Mit dem Zweiten Weltkrieg wurde ein neuer Anlauf genommen in Richtung deutsche Vormachtstellung in Europa und Neuaufteilung der globalen Einflusssphären.

Kommt euch das nicht bekannt vor? Geht es heute nicht auch um geopolitischen Einfluss?

Am 22. Juni 1941 begann der Überfall auf die Sowjetunion.
Es war ein Eroberungskrieg, legitimiert als „Kreuzzug gegen den Kommunismus“.
Konkret sahen die Kriegsziele vor, den gesamten Raum bis zum Ural für das Deutsche Reich und insbesondere die Deutsche Großindustrie in eine gigantische Kolonie zu verwandeln.

Schon 1931 hatte der Vorsitzende des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Carl Duisberg, einen „einheitlichen Wirtschaftsblock von Bordeaux bis Odessa“ unter deutscher Vorherrschaft gefordert. Da das in seinen Augen nur ohne Parlamentarismus erreicht werden konnte, sprach er sich für einen autoritären Führerstaat aus. Als Aufsichtsratsvorsitzender des IG Farben-Konzerns – der später das Konzentrationslager Auschwitz III Monowitz errichten und sich von der SS mit Arbeitskräften für die „Vernichtung durch Arbeit“ versorgen lassen wird – gehörte Duisberg nach dem Treffen Hitlers mit der Großindustrie im Februar 1933 zu den eifrigsten Unterstützern und Finanziers der Faschisten. Er war nicht der Einzige.
Bei diesem Treffen hatte Hitler den Groß-kapitalisten zugesagt, die Rüstungs-produktion anzukurbeln und mit dem Krieg phantastische Profite zu ermöglichen: Mit billigen Rohstoffen, billiger Energie, billigen Arbeitskräften.

Dafür wurde das Volk „kriegstüchtig“ gemacht – ein Begriff von Joseph Goebbels. Linker und gewerkschaftlicher Widerstand wurde brutal gebrochen.

„Grundsätzlich“ gehe es darum, so Hitler, „den riesenhaften Kuchen (gemeint waren Osteuropa und vor allem die Sowjetunion) handgerecht zu zerlegen, damit wir ihn erstens beherrschen, zweitens verwalten und drittens ausbeuten können“.
Zu Propagandazwecken seien die Annexionsabsichten zu verschweigen. Nach außen sollte die Vernichtung der Sowjetunion in den Vordergrund rücken. Denn mit dem „Kreuzzug gegen den Kommunismus“ sympathisierte schließlich auch ein wesentlicher Teil des Bürgertums in Deutschland, Großbritannien und den USA.

Jetzt könnt ihr die heutige Politik vergleichen:

Mit gigantischen Kriegskrediten rüstet man jetzt die Bundeswehr auf. Die Profitaussichten lassen die Aktienkurse der Rüstungskonzerne explodieren. Aus den Wirtschaftsverbänden verlautet: Höhere Verteidigungsausgaben könnten das Wirtschaftswachstum deutlich ankurbeln und den Industriestandort signifikant stärken. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Profitaussichten besser werden und die krisenhafte Wirtschaft stabilisiert werden sollen. Wirtschaftsprofessoren schwadronieren darüber, wie man die Rüstungskosten durch noch mehr Schulden finanzieren könnte, denn es gebe „Hinweise, dass Verteidigungsausgaben in Rezensionen den größten wirtschaftlichen Nutzen haben.“

Dafür soll die Bevölkerung „kriegstüchtig“ werden.
Dafür wird eine umfassende Meinungs-mache betrieben. Dafür wird die Geschichte verdreht und verfälscht.

Heute, zum 80. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg wird das Gedenken für einen Geschichtsrevisio-nismus ohnegleichen missbraucht.
Deutsche bürgerliche Parteien, die Wirtschaftsverbände und ihre Medien inszenieren ein Gedenken, das die historische Leistung der Roten Armee ausklammert. Dass die Sowjetunion die Hauptlast des Sieges über den deutschen Faschismus trug, wird verschwiegen.
Das EU Parlament beschuldigte Russland sogar, gemeinsam mit Hitler-Deutschland den Zweiten Weltkrieg begonnen zu haben und Schuld am Krieg zu sein.
Und zu den Gedenkfeiern wurden keine Vertreter Russlands und Belarus’ eingeladen. Sie sollten auf Anweisung des Außenministeriums sogar mit Hausverbot belegt und rausgeschmissen werden, falls sie dennoch kämen.

Ich schäme mich für diese Unverschämtheit.

Das sowjetische Volk hatte den entscheidenden Anteil an der Zerschlagung von Hitlers Kriegsmaschinerie und zahlte dafür einen ungeheuerlichen Preis: 27 Millionen Sowjetbürger fielen auf den Schlacht-feldern, wurden in Konzentrationslagern zu Tode gemartert, starben aufgrund unerträglicher Zwangsarbeit sowie durch Bombenangriffe, Hunger, Krankheiten und Massenerschießungen.

Sagen wir es laut:

Der Sieg über den deutschen Faschismus ist vor allem ein historisches Verdienst der Roten Armee! Sie trug die Hauptlast der alliierten Kräfte.
Lassen wir nicht zu, dass die Geschichte verdreht wird!
Lassen wir nicht zu, dass sich heute die rechten Kräfte und Kriegstreiber von ihrer historischen Schuld reinwaschen!
Lassen wir nicht zu, dass sich die Rüstungsindustrie und das Finanzkapital dumm und dämlich verdienen und dabei unsere Lebensgrundlagen zerstören!
Lassen wir nicht zu, dass Politiker der Kriegstreiberparteien heuchlerisch als Antifaschisten auftreten und auf Kundgebungen gegen Rechts „Nie wieder!“ schreien!
„Nie wieder Faschismus“ bedeutet nämlich auch und zuallererst „Nie wieder Krieg“!

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