In der nächsten Sitzung des Wetterauer Kreistags am 23. Juli 2014 soll auf Antrag von SPD, Grünen und FDP die Geschäftsordnung verändert werden. Es handelt sich dabei nicht nur um unbedeutende Korrekturen. Sprengstoff steckt in den Paragraphen 5 und 18. Dort geht es um die Heraufsetzung der Fraktionsstärke auf drei Abgeordnete und die Redezeit.
Gabi Faulhaber, Kreistagsabgeordnete der Linken, sieht einen Demokratieabbau:
„Mit der vorgeschlagenen Veränderung der Geschäftsordnung wird kleinen Parteien oder Wählergruppen eine Mitarbeit und eine Oppositionstätigkeit sehr erschwert“, sagt sie.
Denn fraktionslose Abgeordnete könnten nicht mehr in Ausschüssen mitarbeiten, erhielten weniger Informationen und nur eine Grundredezeit von ein bis zwei Minuten. Selbst in grundsätzlichen Debatten, wie der Haushaltsdebatte, steht laut Geschäftsordnung nur Fraktionen eine ausführliche Redezeit zu.
„Meinungsäußerungen kleiner Parteien und Gruppierungen im Parlament werden durch die Beschränkung der Redezeit für nicht-fraktionsgebundene Abgeordnete erheblich beeinträchtigt, ja fast verhindert“, kritisiert auch ihr Fraktionskollege Rudi Kreich. „Um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in den kommunalen Parlamenten zu repräsentieren, wurde die Zugangshürde von 5 Prozent abgeschafft. Nun wird mit der Erhöhung der Fraktionsstärke und der ebenfalls geplanten Verkleinerung des Kreistags auf kaltem Wege wieder eine Hürde von etwa 4 Prozent aufgebaut.“
Kreich sieht daher Teile der Wählerschaft nicht mehr wirkungsvoll repräsentiert. „Genau deshalb wurden bei den kürzlich stattfindenden Europawahlen die Zugangshürden weggelassen. Das Bundesverfassungsgericht hatte für die Europawahl die 3%-Hürde als verfassungswidrig eingestuft. Zugangshürden zu Parlamenten seien Demokratiehürden. Gerade bei der Wahlgesetzgebung bestehe die Gefahr, „dass die jeweilige Parlamentsmehrheit sich statt von gemeinwohlbezogenen Erwägungen vom Ziel des eigenen Machterhalts leiten lässt“. Die Stimme jedes Wählers müsse grundsätzlich denselben Zählwert haben und der Grundsatz der Chancengleichheit müsse gegeben sein.
„Gilt dies nicht in besonderem Maße für kommunale Parlamente, die ja eigentlich bürgernäher sein sollten? Sollte eine Wahlgesetzgebung, die keine Zugangshürden kennt nun durch eine Kreistags-Geschäftsordnung ausgehebelt werden?“ fragen die Linken Kreistagsabgeordneten.
„Das alles entspricht nicht der Intention, das politische und gesellschaftliche Mitwirken zu verbreitern. Während fast alle Parteien eine breitere Beteiligung durch direktere Formen der Demokratie (Bürgerbefragungen, Volksentscheide, Onlineplattformen…) öffentlichkeitswirksam fordern, wird die politische Mitwirkung mit dieser Geschäftsordnung beschnitten.“