Der Kreistag will sich nicht über das Ausmaß der Armut in der Wetterau informieren. Einen Antrag der Linken, den bestehenden Sozialindex den Kreistagsabgeordneten zur Verfügung zu stellen, lehnten die Kreistagsabgeordneten von SPD, FDP, Grünen, FWG, Piraten und CDU ab. Sie wollen keinen aussagekräftigen Sozialindex haben.
Der Antrag war schon im November letzten Jahres gestellt worden. Er bezog sich auf einen Vortrag im Kreishaus vom 25. Oktober 2010. Damals wurde im Rahmen einer Veranstaltung „Armut in der Wetterau“ eine statistische Erhebung für das Kreisgebiet vorgetragen.
Doch danach verschwanden die Fakten zur Armut in der Versenkung.
Als der Haushalt 2012/2013 vorgelegt wurde, bezog sich die Regierungskoalition mehrfach auf diesen „Sozialindex“, um Entscheidungen (z.B. die Standorte für Schulsozialarbeit) zu begründen. Doch den Kreistagsabgeordneten standen die Daten nicht als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung.
„Wer politische Entscheidungen trifft, sollte gut informiert sein“, begründete die Fraktionsvorsitzende der Linken den Antrag, den Index bereitzustellen. DIE LINKE. beantragte weiterhin eine Vorstellung des Index im Ausschuss für Jugend, Soziales und Gesundheit, damit das Thema „Armut in der Wetterau“ überhaupt bekannt gemacht würde.
In geschlossener Sitzung wurde dem Ausschuss eine überarbeitet Version des Vortrages vorgestellt, die Bereitstellung an die Kreistagsabgeordneten lehnte Sozialdezernent Betschel-Pflügel weiter vehement ab. Das wurde von allen Parteien kritisiert, weil die Daten ja bereits im Oktober 2010 öffentlich vorgestellt worden waren.
Eine rechtliche Prüfung wurde anberaumt und sie ergab: eine Veröffentlichung wäre sogar sinnvoll, um politische Handlungsoptionen aufzuzeigen.
Daraufhin übergab Sozialdezernent Betschel-Pflügel am 23. April den Fraktionen ein Papier, das der Sozialindex sein sollte. Gabi Faulhaber kritisiert das Papier: „Diese Version enthält überwiegend Belanglosigkeiten, keinerlei Zahlen, keinerlei Bezugspunkte oder Kriterien, obwohl diese vorliegen. Das Papier wurde vor der Herausgabe bis zur Unkenntlichkeit frisiert. Da ich selbst im Oktober 2010 den Vortrag gehört habe, kann ich das gut beurteilen.“
Die Fraktion DIE LINKE. im Kreistag wirft dem Sozialdezernenten der Wetterau Intransparenz vor. Armut ist im Wetteraukreis bisher kaum Thema. Es gibt kein Konzept gegen Armut und kaum Prävention. Dabei sind etwa 10 bis 14 % der Wetterauer Bevölkerung arm und das ist keine kleine Zahl.
„In Kreisen und Gemeinden, die Sozialberichte veröffentlicht haben, gibt es meist auch Konzepte zur Armutsbekämpfung und Prävention, während es im Wetteraukreis keine Vorstellungen über den Umgang mit Armut gibt, außer sie unter tabu zu stellen“, moniert DIE LINKE. Fraktion.