Antrag DIE LINKE.:
Mietspiegel statt Mietobergrenzen
Kreistagssitzung am 6. Oktober 2021
Herr Kreistagsvorsitzender, meine Damen und Herren,
im Februar 2020 hatten wir auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei im Bundestag hingewiesen, die aufgezeigt hat, dass im Wetteraukreis seit Jahren für eine maßgebliche Anzahl von Bedarfsgemeinschaften im SGB II – Bezug die laufenden tatsächlichen Kosten der Unterkunft stark unterschritten werden.
Die Bundesregierung hat damals geantwortet, dass 28,1 Prozent der Alleinerziehenden im Hartz4-Bezug und 26,4 Prozent der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern im Wetteraukreis ihre Miete nicht aus den gezahlten Kosten der Unterkunft decken können. Diese Unterdeckung bedeutet: Sie müssen Geld aus der Grundsicherung – also vom Existenzminimum – für die Miete abzwacken.
Wir hatten beantragt, diese Unterdeckung zu beenden und die laufenden tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu zahlen.
Sie haben damals bestritten, dass die Zahlen der Bundesregierung richtig wären. Nach langem hin- und herrechnen hatten Sie dann passende Zahlen und es bestand angeblich keine Notwendigkeit zum Handeln.
Nun gab es im Juli 2021 wieder eine Kleine Anfrage der Linkspartei zum selben Thema.
Es zeigt sich, dass es nach wie vor eine Unterdeckung bei den Kosten der Unterkunft gibt. Und nach wie vor bei Haushalten mit Kindern. Bei Alleinerziehenden liegt diese Unterdeckung bei 28 Prozent – also nur 0,1 Prozent niedriger als 2018. Bei Familien mit Kindern bei 25,9 Prozent – das sind 0,5 Prozent weniger als 2018.
Ich bin jetzt neugierig, wie Sie dieses Mal diese Zahlen herunterrechnen werden, die die Bundesregierung herausgegeben hat.
Fakt bleibt:
Das „Schlüssige Konzept der Mietobergrenzen“ des Wetteraukreises schafft es in seiner derzeitigen Verfasstheit nicht, die Differenz zwischen laufenden anerkannten Kosten der Unterkunft und laufenden tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Deckung zu bringen.
Das derzeit noch gültige „Schlüssige Konzept“ ist nur seiner Form nach schlüssig erstellt. Es erfüllt die gesetzlichen Anforderungen nicht, dass Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen im einfachen unteren (laut Gesetz NICHT einfachsten untersten, SGB II, §22) Wohnungsmarktsegment übernommen werden müssen.
Das Bundessozialgericht hat wiederholt darauf verwiesen, dass zu den ermittelten Obergrenzen auch wirklich Wohnungen frei und verfügbar sein müssen.
Ihnen ist es nicht gelungen – oder Sie wollten es nicht, das sei jetzt mal dahingestellt – die Datenbasis des „Schlüssigen Konzepts“ den Realitäten auf dem Wohnungsmarkt anzupassen. Zum Teil wurde die Datenbasis nicht einmal neu erhoben, wie es die Vorgaben für eine Erstellung eines „Schlüssigen Konzepts“ alle zwei Jahre verlangen. Immer noch wird ein unverhältnismäßig hoher Anteil an veralteten Bestandsmieten zur Berechnung herangezogen. Doch frei und anmietbar sind nur Wohnungen, die auf dem Wohnungsmarkt auch verfügbar sind!
Mit Ihrem „Schlüssigen Konzept“ und den damit begründeten Mietobergrenzen lassen sich besonders im Westkreis der Wetterau nur sehr schwer Wohnungen finden. Die langen Wartelisten der Wohnungsbaugesellschaften zeigen deutlich, dass Wohnungen mit Ihren Preisvorstellungen nicht ausreichend verfügbar sind.
Dadurch, dass nur etwa bei einem Viertel der Datenbasis Ihres „Schlüssigen Konzepts“ die Marktmieten berücksichtigt werden, rechnen Sie die Obergrenzen herunter. Der Löwenanteil der Datenbasis sind nach wie vor Bestandsmieten, die deutlich unter dem Marktpreisen liegen.
Deshalb wird es Zeit, dass dieses keinesfalls schlüssige Konzept der Mietobergrenzen endlich durch ein realistisches Konzept ersetzt wird.
Für die Wetterau muss ein Mietspiegel erstellt werden. Denn dann müssen die Mietpreise zugrunde gelegt werden, die tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt abgerufen werden.