Antrag Fraktion DIE LINKE.: Endlich eine Kehrtwende zu sozialer Politik!

Die Fraktion DIE LINKE. stellt zur Kreistagssitzung am 7. Dezember 2022 den folgenden Antrag:

Der Kreistag möge beschließen:

1. Der Wetteraukreis führt eine Sozialchipkarte ein für:
• Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld (SGB II)
• Empfänger von Sozialhilfe (SGB XII)
• Empfänger von Wohngeld
• Leistungsberechtigte nach SGB VIII
• Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
• Leistungsberechtigte nach dem Bundesversorgungsgesetz.

2. Mit der vgo werden für die oben genannten Personengruppen Sozialtarife vereinbart. Die Fahrpreise sollen den Betrag nicht übersteigen, der in der Grundsicherung für Verkehr vorgesehen ist, nämlich derzeit 40,27 Euro.

3. Mit der OVAG führt der Kreisausschuss Gespräche
a) über einen ermäßigten Grundtarif für Privatkund:innen. Zu einem ermäßigten Preis werden je nach Haushaltsgröße bis zu zwei Dritteln des statistischen Durchschnittsverbrauchs abgegeben.
b) Stromschulden führen bei Menschen mit Sozialchipkarte nicht zu Stromabschaltungen. Diese Kund:innen werden ausführlich beraten, wie der Stromverbrauch gesenkt werden kann.
c) Menschen mit Sozialchipkarte werden bei Anschaffung energieeffizienter Neugeräte von der OVAG beraten und erhalten einen finanziellen Zuschuss – insbesondere bei der Neuanschaffung von Waschmaschinen und Kühlschränken.

4. Kinder, die in Haushalten der oben genannten Personengruppen leben, erhalten vor Weihnachten eine Weihnachtsbeihilfe von 50 Euro.

5. Der Wetteraukreis schafft eine Wohnungsbörse für Wohnungssuchende mit einer Sozialchipkarte.

6. Der Wetteraukreis startet unverzüglich seine kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft, um den Abbau von 40 Prozent der Sozialwohnungen im Kreis aufzufangen und die Wohnungsnot im unteren Preissegment zu lindern.

Begründung:

Die Armutsquote ist in Hessen bereits 2021 auf 18,3 Prozent gestiegen.
Bei 10 Prozent Inflation, enormen Teuerungen bei Energie und einer sich anbahnenden Rezession ist ein weiterer Anstieg von Armut zu erwarten.
Politik gegen Armut ist nicht allein die Aufgabe der Bundes- oder Landesregierung.
Es gibt zahlreiche Kommunen und Landkreise, die vormachen, dass armutsverringernde Politik gemacht werden kann – vorausgesetzt man registriert die ansteigende Armutsquote als Problem.

Zu 1. Ein SozialTicket gibt es in zahlreichen Städten und Landkreisen in Nordrhein-Westfalen: Unter anderem in Bottrop, Buer, Marl, Dorsten, Wuppertal, Duisburg. (Im Internet leicht zu finden.)

zu 2. Die Recherche des Kreisausschusses von 2019 zeigt, dass die Einführung einer Sozialchipkarte finanzierbar ist.

Zu 3. Unterstützung bei der Anschaffung von Neugeräten hat die OVAG vor ca. 20 Jahren bereits einmal geleistet. Wenn das Vergleichsportal „Strom Auskunft“ die OVAG in das Gütesiegel „Deutschlands beste Stromanbieter“ aufnimmt, so könnte die OVAG jetzt doch auch „sozialer Stromanbieter“ werden!

Zu 4. Seit Jahren verschließt die Mehrheit im Kreistag die Augen vor der ansteigenden Kinderarmut. Selbst wenn die Rahmenbedingungen für soziale Hilfen in Berlin gesetzt werden, so könnte der Wetteraukreis gegen Kinderarmut sowohl finanziell mit der Weihnachtsbeihilfe ein Zeichen setzen als auch politisch. Die Gründe für eine solche Weihnachtsbeihilfe könnten in der Öffentlichkeit für mehr Beachtung des Themas sorgen und den Druck für verbesserte Rahmenbedingungen erhöhen. Das ist dringend nötig!
Das Kinderhilfswerk sagt: „Rund 2,7 Millionen Kinder und Jugendliche leben in Deutschland in Armut. Viele müssen den Schulalltag mit leerem Magen überstehen, frieren im Winter mangels warmer Kleidung, leiden unter Ausgrenzung und einem von Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit geprägten Umfeld. (…) Viele Eltern setzen alle Kräfte ein, um die Familie finanziell über Wasser zu halten und dennoch leben sie mit ihren Kindern am Existenzminimum. Hauptgründe für die hohe Kinderarmut in Deutschland sind zum einen die Arbeitslosigkeit der Eltern, zum anderen die steigende Zahl jener Eltern, die zwar Vollzeit arbeiten, aber deren Einkommen trotzdem nur knapp über dem Sozialhilfesatz liegt. Besonders hart trifft es Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Ihr Einkommen reicht oft kaum oder gar nicht für den Unterhalt der Kinder aus.“

Zu 5. Für die Geflüchteten aus der Ukraine wurde eine Wohnungsbörse geschaffen. Das finden wir gut. Leider besteht nicht nur für Geflüchtete aus der Ukraine ein erhöhter Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. Immer noch leben ca. 800 Geflüchtete aus anderen Ländern in Gemeinschaftsunterkünften, weil sie keine bezahlbare Wohnung finden können. Zudem haben Menschen mit geringem Einkommen aus den oben angeführten Personengruppen enorme Probleme bei der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung.

Zu 6. Was ist mit der kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft? Fast zwei Jahre nach dem Kreistagsbeschluss ist noch keine Aktivität zu bemerken. Wie soll das Wohnungsproblem gelöst werden?