In der „Verordnung Zur Gestaltung der Schulverhältnisse“ werden im Siebten Teil (§ 45)
für Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache folgende allgemeine Regelungen getroffen:
„Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache sollen in Erfüllung der in den § 3 Abs. 14 des Hessischen Schulgesetzes niedergelegten Grundsätze so gefördert werden, dass sie befähigt werden, die deutsche Sprache in Wort und Schrift zu beherrschen, entsprechend ihrer Eignung gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen zu erhalten und zu den gleichen Abschlüssen geführt zu werden wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler deutscher Sprache. Damit soll zugleich ein Beitrag zur gesellschaftlichen Integration dieser Schülerinnen und Schüler geleistet werden.“
DIE LINKE. Fraktion im Kreistag der Wetterau möchte Sie um Beantwortung der folgenden Fragen bitten:
1. Gibt es eine Erhebung des Wetteraukreises, für wie viele ausländische Kinder ein Nachteilsausgleich gewährt wird, deren erste Fremdsprache Deutsch ist?
2. Gibt es eine Erhebung darüber, in welchen Schulen bereits Förderung und Nachteilsausgleich gewährt wird und in welchen noch nicht?
3. Wie wird im Wetteraukreis die „Verordnung zur Gestaltung der Schulverhältnisse“ bezogen auf Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache umgesetzt?
Wie wird beispielsweise gewährleistet, dass diese Kinder
a) ausreichend Deutschunterricht erhalten?
b) zusätzlichen Deutschunterricht erhalten, bzw. grundlegende Deutschkenntnisse erworben werden können?
c) die Benotung in vorwiegend sprachgebundenen Fächern (z.B. Gesellschaftslehre, Biologie) ausgesetzt wird?
4. Wie werden die Lehrerkollegien unterstützt, um die Anforderungen der Förderung dieser Kinder zu bewältigen?
Wird die Volkshochschule für eine diesbezügliche Weiterqualifizierung genutzt?
Wenn ja, welche Angebote werden angeboten und wie viele Lehrkräfte nahmen
in 2011 und im 1. Halbjahr 2012 teil?
Wenn nein, warum nicht?
5. Steht der Wetteraukreis mit dem hessischen Kultusministerium in Verbindung, um auf ausreichende personelle und sächliche Mittel für den Rechtsanspruch auf Nachteilsausgleich zu drängen?
Wenn ja, wie ist der Stand der derzeitigen Verhandlungen?
Wenn nein, für wann ist geplant, wegen der Umsetzung des Rechtsanspruchs vorstellig zu werden?
Antwort von Herrn Betschel-Pflügel vom 19.12.2012
„Die Fragen kann ausschließlich das Staatliche Schulamt beantworten, da es um die Umsetzung der spreziellen Förderung von Schüler/innen mit nichtdeutscher Herkunftssprache geht. diese pädagogischen Fördermaßnahmen werden an den unterschiedlichen Schulen im Wetteraukreis angeboten.
Das Gleiche gilt für die Form der umsetzung im Unterricht, zum Beispiel auch für einen möglichen Sprachenfolgeaustausch und alle weiteren inhaltlichen Angebote.
Wir haben die Anfrage mit der Bitte um Stellungnahme an das Staatliche Schulamt geschickt.
Der Eigenbetrieb Volkshochschule wurde bisher nicht für Weiterqualifizierungen genutzt.“
Antwort des Leiters des Staatlichen Schulamts, Herrn Donath, vom 6. 3. 2013:
Die Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses (VO v. 19.8.2011) beschreibt ab §45 ff. detailliert die Grundlagen zur Förderung vin Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache. Die hier bis §59 vorgesehenen Maßnahmen werden im Zuständigkeitsbereich des Staatlichen Schulamts Friedberg ausnahmslos umgesetzt.
Die Umsetzung der Vorgaben wird durch eine gesonderte jährliche Zuweisung von Stellen durch das Hessische Kultusministerium gewährleistet, die Zuweisung erfolgt schulamtsbezogen.
Auf der Basis einer ebenfalls jährlichen Erhebung des Förderbedarfs für Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache an den Schulstandorten, wird die Stellenzuweisung bedarfsbezogen auf die Einzelschulen verteilt.
Über die Verteilung der Stellen legt das Staatliche Schulamt gegenüber dem Hessischen Kultusministerium in einem engen Bericht Rechenschaft ab.
Zu den Einzelfragen:
1. Eine Erhebung darüber, wie viele Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache zurzeit Nachteilsausgleich im Sinne §45 gewährt wird, liegt nicht vor.
2. Laut §56 der VO ist die Benotung eine „pädagogische Entscheidung, die die individuellen Lernfortschritte vor dem Hintergrund des jeweiligen Standes des Erwerbs der deutschen Sprache bewertet“. Dies gilt insbesondere für die ersten beiden Schulbesuchsjahre der Grund- und Mittelstufe und insbesondere für alle in besonderer Weise sprachgebundenen Fächer. Diese Anforderungen an Notengebung werden von den Schulen mit Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache berücksichtigt. Die Entscheidungen darüber treffen die Klassenkonferenzen. Eine Erhebung hierzu wird nicht durchgeführt.
3. Die tatsächliche Umsetzung der VO ist konsequent an den schulrechtlichen Vorgaben ausgerichtet und verbindlich für alle betroffenen Schulen. Je nach Umfang der sprachlichen Vorkenntnisse erhalten die jeweiligen Schülerinnen und Schüler daher Unterricht in einem Vorlaufkurs (für noch nicht schulpflichtige Schülerinnen und Schüler), einem Deutsch-Förderkurs, einem Intensivkurs oder einer Intensivklasse (die Maßnahmen gelten als DaZ-Maßnahmen, Deutsch als Zweitsprache). Im Bedarfsfall kann auch ein Alphabetisierungskurs eingerichtet werden. Der jeweilige Umfang der Maßnahmen in Wochenstunden wird – analog zu den Stundentafeln – in der VO geregelt. Die Standorte der verschiedenen Fördermaßnahmen sind so verteilt, dass sie für Schülerinnen und Schüler sowie für Eltern gut erreichbar sind.
An ausgewählten Grundschulen mit hohem Zuwandereranteil wird die Maßnahme „Deutsch und PC“ durchgeführt. In deren Rahmen werden Kinder nichtdeutscher Herkunftsspache in Lerngruppen parallel zum Regelunterricht im Deutsch- und Mathematikunterricht besonders intensiv sprachlich gefördert.
4. Das STaatliche Schulamt setzt zwei Fachberater ein, die den Schulen unterstützend und beratend zur Seite stehen. Sie bringen aktuelle Konzepte der Förderung ein und unterstützen z.B. auch die Teilnahme von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunft am Deutschen Sprachdiplom (DSD). Weiter Unterstützungfinden die eingesetzten Lehrkräfte über die Angebote der regionalen und überregionalen Lehrerfortbildung. Die Volkshochschule hat hier keinen originären Auftrag und wird daher für die Qualifizierung von Lehrkräften nicht systematisch eingebunden. Für Schülerinnen und Schüler, die ihre Vollzeitschulpflicht erfüllt haben, bietet die Volkshochschule jedoch auch Sprachkurse an. Das Staatliche Schulamt hält zudem Kontakt zu den außerschulischen Trägern von Förderungen für Migranten (z.B. Landkreis, Rotes Kreuz, IB, Arbeitsamt), um im Einzelfall Eltern sinnvoll beraten zu können.
5. Das Staatliche Schulamt steht mit der entsprechenden Fachabteilung des hessischen Kultusministers in enger Verbindung, um sowohl inhaltliche Fragen, als auch Versorgungsfragen im Bereich von Deutsch als Zweitsprache (DaZ) aufzugreifen und zu steuern. Der aus der VO herzuleitende Rechtsanspruch wird im Bereich des Schulamts Friedberg sorgfältig und umfassend umgesetzt.