Am 7. Mai 2013 beantworteten Sie eine Anfrage der Linken vom 23. April 2013. Darin wurde danach gefragt, wie viele Sanktionen im Jahr 2012 vom Jobcenter Wetterau ausgesprochen wurden und warum. Weitergehend möchten wir jetzt folgende Fragen stellen:
1. Werden Mitarbeiter/inne/n des Jobcenters Wetterau Sanktionsquoten durch die Bundesagentur für Arbeit oder durch anderweitige Dienstanweisungen vorgegeben? Wenn ja, wie hoch sind diese Vorgaben für das Jobcenter Wetterau?
In der Gewerkschaftszeitung „ver.di PUBLIK (Nr.4/S.14)“ hat ein im Fallmanagement tätiger ARGE-Mitarbeiter diese Sanktionsquote bestätigt. So sagte dieser in einem Leserbrief: „Hinterfragen muss man die Intention des Gesetzgebers, der für die Argen Soll-Quoten vorschreibt, d.h. wie viele Sanktionen durchzuführen sind. An diesem Punkt wird nicht nach Qualität und Sinnhaftigkeit gefragt, sondern ausschließlich nach Quantität und Einsparpotentialen.“
Auch in der Radio-Sendung „Politikum“ von WDR 5 (3/2009) bestätigt ein ARGE-Mitarbeiter eine solche Sanktionsquoten-Vorgabe.
Das „Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) veröffentlichte am 27. Oktober 2012 eine Liste „zugelassene und gemeinsame Sanktionsquoten“, in der auch das Jobcenter im Wetteraukreis aufgeführt ist.
Am 28. Mai 2013 sagte Inge Hannemann – freigestellte Jobcentermitarbeiterin aus Hamburg – in einem Interview auf die Frage „Gibt es so etwas wie eine Sanktionsquote?“ folgendes:
„Ja, die Teamleiter haben Quoten, wie viele Sanktionen in Prozent − gemessen an der Gesamtzahl der gemeldeten Erwerbslosen − ausgesprochen werden sollen. Anhand der Sanktionen wird ein Ranking erstellt. Zwar wird kein JobCenter wegen einer hohen Sanktionsquote ausgezeichnet, aber es spielt für die interne Beförderung der Mitarbeiter eine entscheidende Rolle.“
Im April 2013 schreibt die internetplattform „lokalkompass.de“: „Die Sanktionsquote orientiert sich nach Insiderberichten bei 25% der jeweils gemeldeten Leistungsberechtigten. Offensichtlich bestehen Rankinglisten in denen die Geschäftsführer der Jobcenter miteinander konkurrieren.“
2013 veröffentlichte „Sozialpolitik aktuell.de“ eine Statistik zu „Sanktionsquoten im SGB II – Bezug 2007-2012″. Dort ist zu lesen: „Auch die „Sanktionsquote“, also – laut Definition der Bundesagentur für Arbeit – der (jahresdurchschnittliche) Anteil der eLb (erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, gf.) mit mindestens einer Sanktion an allen eLb, stieg kontinuierlich: von 2,3 % im Jahresdurchschnitt 2007 auf 3,4 % im Jahresdurchschnitt 2012. Die Abbildung verdeutlicht, dass die Sanktionsquoten von unter 25-Jährigen, für die härtere Sanktionsregeln gelten (…), deutlich über den allgemeinen Sanktionsquoten liegen und ebenso kontinuierlich anstiegen: von 3,8 % im Jahresdurchschnitt 2007 auf 5,0 % im Jahresdurchschnitt 2012. Abweichend von der Definition der BA lassen sich auch die kumulierten neu festgestellten Sanktionen (Sanktionsfälle) eines Berichtsjahres auf die jahresdurchschnittliche Zahl der eLb beziehen. Diese sogenannten „Sanktionenquote“ liegt wesentlich höher als die „Sanktionsquote“: Sie stieg von 14, 9% im Jahr 2007 auf 23,1 % im Jahr 2012.“
2. Wie vielen Kunden des Jobcenters Wetterau wurden 2012 Leistungen versagt und welches waren die hauptsächlichen Gründe hierfür?