Änderung der Geschäftsordnung ist undemokratisch

Rede in der Kreistagssitzung am 23. Juli 2014. Änderungsantrag DIE LINKE: Änderung der Kreisgeschäftsordnung ist undemokratisch.

Sehr geehrte Frau Kreistagsvorsitzende, meine Damen und Herren,

ich möchte aus zwei Parteiprogrammen zitieren:

„Wir wissen, Demokratie braucht die Einmischung aller. Alle müssen mitreden können und wir wollen alle darin bestärken, mitzumachen. Wir wollen unsere Demokratie vitalisieren. Deshalb fördern wir das Engagement vor Ort und schaffen neue Beteiligungsmöglichkeiten…“

„Die Hürden zur Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen sollten so niedrig wie möglich gehalten werden. Das hessische Kommunalwahlrecht führt in seiner Überkomplexität zu einer hohen Zahl an ungültigen und verschenkten Stimmen und hält manchen Bürger von der Wahlteilnahme ab.“

Haben Sie es erkannt?
Es stammt von den Parteien Grüne und SPD, die heute eine Änderung der Geschäftsordnung beantragen, die so gar nicht an ihren Programmen orientiert ist.

Meine Damen und Herren von SPD und Grünen:
Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, die Fraktionsstärke auf drei Abgeordnete festlegen zu wollen?
Die 5% Hürde wurde abgeschafft. Damit konnten auch kleine Parteien oder Wählergruppen Fraktion werden und wirkungsvoll arbeiten. 
Der Wegfall der Zugangshürde sorgte dafür, dass keine Stimmen „verloren“ gingen und Wählergruppen weitgehend im Kreistag repräsentiert waren.

Zusammen mit der Verkleinerung des Kreistags führen Sie mit der Änderung der Fraktionsstärke erneut eine Zugangshürde für kleine Parteien und Wählergruppen ein.
Diese Hürde liegt dann etwa um die 4%.
Ja, für einen Sitz im Kreistag besteht keine Hürde. 
Doch wie wirksam kann ein fraktionsloser Abgeordneter arbeiten oder seine Oppositionsarbeit tun? 

Was wollen Sie erreichen? Dass Opposition sich hier im Kreistag nicht mehr artikulieren kann? 
Denn Sie sehen mit dieser Geschäftsordnung auch eine Beschränkung der fraktionslosen Abgeordneten vor: bei der Redezeit, bei der Mitarbeit und Mitsprache in den Ausschüssen und damit auch beim Zugang zu Informationen.

Als das Verfassungsgericht bei der Europawahl die 3-Prozent-Hürde kippte, stand in der Begründung: Zugangshürden sind Demokratiehürden. 

Mir ist völlig unklar, werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, warum Sie sich dazu hinreißen ließen, einen solchen Antrag zu stellen. Ist es so weit mit Ihnen gekommen, dass Sie ihre ureigensten Forderungen einer Schimäre namens Sparen opfern? Glauben sie das selbst?

Ich hoffe, wenigsten einige Abgeordnete werden heute gegen diese Änderung der Geschäftsordnung stimmen, weil sie sich doch an ihrem eigenen Parteiprogramm orientieren.