Freihandelsabkommen TTIP schadet auch der Wetterau

DIE LINKE. stellt zur Kreistagssitzung am 3. Dezember 2014 einen Resulutionsantrag, der das Freihandelsabkommen TTIP ablehnt.

Wer sich über TTIP informieren möchte, kann dies unter https://stop-ttip.org.de tun und dort auch unterschreiben. helfen Sie mit, diesen Freifahrtschein für Unternehmensgewinne zu verhindern. Wir brauchen einen starken öffentlichen Sektor! Wir brauchen mehr Demokratie und kein TTIP!

Dies ist der Antragstext:

„1. Der Kreistag des Wetteraukreises lehnt eine weitere Liberalisierung des internationalen Dienstleistungshandels ab, insbesondere die geheim verhandelten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA.
Diese Freihandelsabkommen haben negative Konsequenzen für die öffentliche Auftragsvergabe, eine kommunale Energieversorgung, den Umweltschutz wie auch für Tarife und Arbeitsbedingungen im öffentlichen Sektor. Sie geben privaten Unternehmen die Möglichkeit, sich Zugriff auf die öffentliche Daseinsfürsorge zu verschaffen, z.B. im Bereich der Bildung, der Gesundheitsversorgung, bei sozialen Dienstleistungen, bei der Wasserversorgung, bei Abwasser- und Müllentsorgung, beim öffentlichen Nahverkehr und der Kultur.

2. Der Kreistag der Wetterau appelliert an den Hessischen Landkreistag, sich gegen die geplanten Abkommen zu positionieren und entsprechend beim Deutschen Landkreistag, bei der Bundesregierung wie auch der EU-Kommission zu intervenieren.

Begründung:

Zur Zeit laufen hinter verschlossenen Türen die Verhandlungen zu einem transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen EU und USA. Offiziell wurden die Inhalte noch nicht bekannt gegeben. Tatsächlich aber kursiert das Dokument im Internet, in dem Art und Umfang dieses umfassenden Handels- und Investitionsabkommens festgelegt sind.

Die Verhandlungen scheinen – wie u.a. der Bayrische Städtetag betont – auch kommunal relevante Bereiche zu umfassen. Dies sind z.B. das öffentliche Auftragswesen, Energiepolitik, Umweltschutz, Gesundheitspolitik, Trinkwasserversorgung, öffentliche Dienstleistungen. Der Vorsitzende des Bayrischen Städtetages, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, führt in einer Pressemitteilung zu TTIP aus: „Die EU-Kommission könnte in Zukunft mit Hinweis auf internationale Abkommen eine Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen in Europa durchsetzen.“

(vergleiche auch: Thomas Fritz, „TTIP vor Ort, Folgen der transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft für Bundesländer und Kommunen“ in Internet unter: http://blog.campact.de/wp-content/uploads/2014/09/Campact_TTIP_vor_Ort.pdf

Die Organisationen attac, campact oder der DGB befürchten, dass das öffentliche Beschaffungswesen auf allen Ebenen geöffnet werden soll. Soziale und ökologische Aspekte könnten dann kaum bei der Auftragsvergabe berücksichtigt werden. Diese Abkommen könnten als Einfallstor dienen, um wichtige öffentliche Dienstleistungen, wie z.B. die Wasserversorgung zu privatisieren. Die Folge einer solchen Privatisierungswelle wären höhere Preise und sinkende Qualität.

Die Befürworter/innen der Freihandelsabkommen versprechen einen Schub im Welthandel, neue Jobs und Einkommenszuwächse. Doch Kritiker/innen fassen mögliche Auswirkungen so zusammen: bezahlen müssen es die Bürgerinnen und Bürger in der EU und den USA mit einem beispiellosen Abbau von Produktionsstandards, Verbraucherschutz- und Arbeitnehmerrechten, des Lohnniveaus, von Umwelt- und Sozialauflagen, ja sogar der demokratischen Rechtsstaatlichkeit.

Denn ein weiterer Kritikpunkt ist der so genannte Investorenschutz – ein Sonderklagerecht für Unternehmen. Demnach soll für ausländische Unternehmen die Möglichkeit geschaffen werden, vor Schiedsstellen gegen demokratisch gefasste Beschlüsse klagen zu können, wenn diese ihre Gewinnerwartungen oder Investitionstätigkeiten einschränken. Dadurch würde ein zweites, völlig intransparentes Rechtssystem geschaffen, denn diese Schiedsstellen sind keine regulären Gerichte, sie stehen außerhalb des normalen Rechtswegs. Vor diesen Schiedsgerichten könnten alle Entscheidungen attackiert werden, die Gewinnerwartungen behindern. Bei unpassenden demokratischen Entscheidungen von Parlamenten ist es möglich, Entschädigungen für die entgangenen Gewinne einzufordern. Attac nennt als Beispiel die Klage von Vattenfall im Atomausstieg. Der Konzern klagt vor einer internationalen Schiedsstelle auf 3,7 Milliarden Euro Schadensersatz für entgangene Gewinne.

Doch es gibt auch noch den Begriff „regulatorische Kooperation“, der bedeutet, dass Unternehmen bereits im Vorfeld bei parlamentarischen Beschlüssen und Gesetzesvorlagen mitbestimmen können. Ein außerparlamentarisches Gremium diskutiert dann Regeln und Standards und unliebsame gewinnbeeinträchtigende Überlegungen können so im Vorfeld abgewehrt werden.

Die Folgen sind eigentlich heute schon klar: Parlamente werden keine Beschlüsse mehr fassen (können), die Umweltstandards, Sozialstandards oder gar Rekommunalisierungen enthalten, mit denen die Gewinnerwartungen eines Unternehmens tangiert werden könnten. Wer will sich schon vor einer Schiedsstelle auf Schadensersatz verklagen lassen? Übrigens fehlt auch die Möglichkeit, gegen den Schiedsspruch noch Widerspruch einlegen zu können. Damit gäbe es keinen wirklichen Einfluss mehr von Politik und Zivilgesellschaft.

Wir bitten darum, diesem Resolutionsantrag zuzustimmen, denn die TTIP-Regelungen würden einen Marktzugang erzwingen und kommunale Dienstleistungen müssten für private Firmen geöffnet werden. Zuwendungen des Kreises, z.B. an das Gesundheitszentrum Wetterau , an Träger der freien Wohlfahrtspflege oder die Volkshochschule (in den Kommunen z.B. Zuschüsse an gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften) würden als Wettbewerbsverzerrung beklagt werden können. (Aktuell: Klage des Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken (BDPK) gegen den Landkreis Calw.)

Für Privatfirmen ist der öffentliche Sektor ein profitabler Kuchen: Die EU-Kommission schätzt die öffentliche Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen in 2013 auf ein Volumen von zwei Billionen Euro (16% der europäischen BIP).“