Mietbescheinigungen abschaffen!

DIE LINKE. stellt zur Kreistagssitzung am 23. Juli 2014 folgenden Antrag:

Der Kreistag beauftragt den Kreisausschuss, dafür Sorge zu tragen, dass im Jobcenter und in den entsprechenden Stellen des Wetteraukreises – wie Sozialamt, Wohngeldstelle, Ausländeramt – von den Leistungsberechtigten kein „Nachweis über Unterkunftskosten“ (Mietbescheinigungen) mehr vorzulegen ist, da dies nicht rechtmäßig ist.

Außerdem sollen die entsprechenden Mitarbeiter/innen des Wetteraukreises und des Jobcenters über die datenschutzrechtlichen Bedingungen in dieser Sache aufgeklärt und zur Einhaltung aufgefordert werden.

Begründung:

Mit Schreiben vom 30. Januar 2014 bestätigte uns der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit unsere Auffassung, dass die Aufforderung, eine Mietbescheinigung des Vermieters vorlegen zu müssen, „eine Überschreitung der Grenzen der Mitwirkungspflichten nach § 65 Absatz 1 Nr. 1 SGB I darstellt.“

Die Mitarbeiter des Jobcenters  und der Stellen, die im Wetteraukreis für Kosten der Unterkunft und Heizung zuständig sind, fordern jedoch in der Praxis von den Leistungsberechtigten die Vorlage einer Mietbescheinigung als Nachweis zur Einhaltung der Angemessenheitsgrenzen 
                   vor der Genehmigung der Anmietung einer neuen Wohnung,
                   zur Genehmigung eines Umzuges 
                   o
der bei Anpassung der KdU bei Mieterhöhung 

und händigt hierbei einen Vordruck aus, der vom (potentiellen) Vermieter auszufüllen ist. 

Aus dem Schreiben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit geht ebenfalls hervor, dass die Forderung von den Leistungsberechtigten eine Vermieterbescheinigung schon bei der Wohnungssuche vorlegen zu müssen nicht rechtmäßig ist. Hierzu der Bundesbeauftragte: „Bezüglich der Erhebung von Mietbescheinigungen bei der Wohnungssuche gelten die gleichen gesetzlichen Vorraussetzungen wie für ein bestehendes Mietverhältnis. Die Mietbescheinigung kann auch hier nur als freiwilliges Angebot angesehen werden.“

Weiter aus der Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit:

„Das Jobcenter (das gilt aber auch für andere Ämter, DIE LINKE.) ist nach § 67a Absatz 1 Satz 1 SGB X berechtigt, Sozialdaten zu erheben, soweit dies für die Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist. Mit Mietbescheinigungen werden Angaben erhoben, die für die Leistungen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB 11) benötigt werden. Diese Daten können jedoch in der Regel mit anderen Unterlagen, wie beispielsweise dem Mietvertrag oder der Nebenkostenabrechnung, nachgewiesen werden.

Nach § 67a Absatz 2 Satz 1 SGB X sind Sozialdaten beim Betroffenen zu erheben. Ihnen ist somit Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Daten durch geeignete Nachweise selbst zu erbringen.

Die Mietbescheinigung wird den Betroffenen ausgehändigt und soll vom Vermieter ausgefüllt werden. Eine Forderung der vom Vermieter ausgefüllten Mietbescheinigung im Rahmen der Mitwirkungspflichten nach § 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB 1) wäre nur dann zulässig, wenn Ihnen die Erfüllung der Vorlagepflicht objektiv möglich wäre.

Es besteht jedoch keine gesetzliche Verpflichtung für den Vermieter, die Mietbescheinigung auszufüllen. Damit ist die Erfüllbarkeit der Anforderung der Mietbescheinigung von der Kooperationsbereitschaft des Vermieters abhängig. Sollte der Vermieter das Ausfüllen der Mietbescheinigung verweigern, wird Ihnen die Vorlage beim Jobcenter (…oder einem anderen Amt – DIE LINKE.) unmöglich.

Aus diesem Grund kann die Vorlage einer vom Vermieter ausgefüllten Mietbescheinigung nicht zu Ihren Mitwirkungspflichten gezählt werden.

Des Weiteren ist mit einer Verpflichtung zur Vorlage der Mietbescheinigung ebenfalls eine Verpflichtung zur Offenlegung des Sozialleistungsbezuges des Betroffenen gegenüber dem Vermieter verbunden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die mit einer Vermieterbescheinigung erhobenen Daten auch auf andere Weise erhoben werden können. Die Preisgabe des Sozialleistungsbezuges ist daher nicht erforderlich. Die Verpflichtung der Betroffenen, zu einer nicht erforderlichen Preisgabe ihres Sozialleistungsbezuges, stellt eine Überschreitung der Grenzen der Mitwirkungspflichten nach § 65 Absatz 1 Nr. 1 SGB 1 dar. Die Mietbescheinigung kann demnach lediglich als zusätzliches Angebot zum Nachweis erforderlicher Informationen angesehen werden.

Bezüglich der Erhebung von Mietbescheinigungen bei der Wohnungssuche gelten die gleichen gesetzlichen Vorraussetzungen wie für ein bestehendes Mietverhältnis. Die Mietbescheinigung kann auch hier nur als freiwilliges Angebot angesehen werden.“