Antrag zur Ausweisung der Familie Sogamanian vom 4. Januar 2012
DIE LINKE. stellt zur Kreistagssitzung am 25. Januar 2012 folgenden Antrag:
Der Kreistag verurteilt die Abschiebepraxis des Ausländeramtes im Falle der Altenstädter Familie Sogamanian.
Kreistag und Kreisausschuss setzen ihr ganzes politisches Gewicht dafür ein, damit die Familie in Deutschland wieder zusammengeführt werden kann.
Begründung:
Familienmitglieder waren unter dem Vorwand die Aufenthaltspapiere zu verlängern zum Ausländeramt bestellt worden, doch stattdessen von der Polizei abgeholt und unverzüglich außer Landes gebracht worden. (Der Linken wurden Fälle gemeldet, die sich in den letzten Jahren ähnlich zugetragen hatten.) Der jüngere Sohn der Familie litt an einer Lebensmittelvergiftung und war nicht reisefähig. Er musste in Moskau in ein Krankenhaus. Dort befindet sich die Familie derzeit. Der pflegebedürftige Vater blieb allein zurück.
Uns ist nicht ersichtlich, warum die Familie über den Grund des Besuchs beim Ausländeramt getäuscht worden ist und auch nicht, warum so viele Polizisten nötig waren und warum die Sogamanians in Handschellen abgeführt wurden.
Die Familie lebte 14 Jahre in Deutschland. Die Kinder besuchten deutsche Schulen und erreichten hier einen Schulabschluss. Ihre Sozialisation und ihre sozialen Bindungen haben sie in diesem Land erworben. Sie waren in der Gemeinde integriert – was mit dem starken Engagement ihrer Freunde, Bekannten und Mitbürger/innen für ihr Bleiberecht hinreichend bewiesen ist. Angesichts des demografischen Wandels und des Bevölkerungsrückgangs ist nicht nachzuvollziehen, warum Menschen, die in unserem Land gebildet wurden und hier integriert sind nach 14 Jahren kein Bleiberecht erhalten können.
Was ist daraus geworden?
Der Antrag wurde in den Ausschuss verwiesen.
Er löste auf der Kreistagssitzung heftige Debatten aus:
Landrat Arnold (SPD) wies alle Verantwortung von sich. Es sei ausschließlich das Land Hessen zuständig. Das Wetterauer Ausländeramt habe nur die Ausweisung vollzogen. Er forderte vom Land Hessen die Rückkehr der Familie. Dass er sich zuvor in Presseartikeln für die Ausweisung ausgesprochen hatte – das hatte er wohl „vergessen“.
Der Nazi Sachs (NPD) sagte, Deutschland habe das humanste Ausländerrecht der Welt. Wenn die Gesetze ausgeschöpft seien, könne man nicht anders handeln und es müsse die Abschiebung erfolgen. Damit argumentierte er exakt wie der Landrat in den verschiedenen Pressemeldungen der letzten Wochen.
Lucia Puttrich (CDU) warf dem Landrat Heuchelei vor. In den Zeitungen und auf der Homepage habe er die Familie öffentlich diffamiert. Er habe behauptet, sie hätten gelogen und er habe veröffentlicht, dass 250 000 Euro Sozialhilfe geflossen seien. Das sollte ein Bild erzeugen, das gegen die Familie spricht.
Dabei müsse alles erst geprüft werden und eigentlich habe die Ausländerbehörde die Aufgabe, zu erkunden, was für den Aufenthalt spricht. Die CDU sei der Überzeugung, die Familie sei zu Unrecht ausgewiesen worden.
Die Grünen waren verunsichert: sie wollten den Koalitionspartner nicht brüskieren und deswegen verteidigten sie Arnold, sprachen sich aber für die Zusammenführung der Familie in Deutschland aus. Sie forderten eine Änderung des Ausländerrechts. Die Innenministerkonferenz sei der adäquate Ansprechpartner.
Die SPD eierte noch mehr: Sie verteidigten Arnold und das Ausländeramt. Fraktionsvorsitzende Reichert-Dietzel nannte den Widerstand gegen die Abschiebung eine „Kampagne gegen den Landrat“. Der Kreistag sei keine moralische Instanz. Die richtige Adresse sei die Innenministerkonferenz.
Was ist daraus geworden? Fortsetzung
Nach einer etwa einstündigen Diskussion verabschiedete der Kreistag eine Resolution für die Familie Sogamanian. (ausführlicher Bericht unter Thema: Abschiebungen)
Der Fall der abgeschobenen Familie liegt derzeit beim hessischen Petitionsausschuss. Die Resolution soll dem Petitionsausschuss zugeleitet werden. Sie lautet:
„Der Kreistag bedauert die Abschiebung der Familie Sogamanian. Der Kreistag verurteilt die Abschiebepraxis der Ausländerbehörde (RP) im Falle der Altenstädter Familie Sogamanian. Kreistag und Kreisausschuss setzen ihr ganzes politisches Gewicht dafür ein, damit die Familie in Deutschland wieder zusammengeführt werden kann“