Anfrage zur Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete

Die Fraktion DIE LINKE. bat am 1. April 2025 um die Beantwortung folgender Fragen.
Die Kreisbeigeordnete Götz hat am 18. April 2025 geantwortet.

Am 1. April 2025 soll im Wetteraukreis die Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt werden.

Dazu haben wir folgende Fragen:

1. Laut Pressemitteilung des Wetteraukreises sollen Überweisungen nur sehr eingeschränkt möglich sein („Telekommunikationsunernehmen, ÖPNV, andere Behörden“).
„Andere Überweisungen müssen künftig individuelle durch die jeweilige Leistungsbehörde freigegeben werden“.
„Auch Überweisungen und Lastschriften sollen demnächst möglich sein“ – also Aufgaben einer Bank.

a) Wie hoch ist der Verwaltungsaufwand für diese Tätigkeiten der Leistungsbehörde?

Antwort: Es ist von einem Verwaltungsmehraufwand auszugehen. Dieser lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht quantifizieren.

b) Wie viele VZÄ werden dafür vorgesehen, die Bezahlkarte durch den Wetteraukreis zu handeln?

Antwort: Zum aktuellen Zeitpunkt sind 8,6 Vollzeitäquivalente mit der Aufgabe der Bearbeitung aller Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz betraut, darunter die Leistungsgewährung in Form der Bezahlkarte. Im Übrigen wird auf Satz 2 der Antwort zu a) verwiesen.

2. Sie äußern in Ihrer Pressemitteilung: „Mit der Einführung der Bezahlkarte setzen wir eine bundesweite Vorgabe um und sorgen für eine sichere und transparente Auszahlung der Sozialleistungen.“

a) Inwieweit war die bisherige Praxis der Auszahlungen nach AsylbLG nicht sicher und transparent? Wo genau gab es diesbezüglich Probleme?

Antwort: Die Auszahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erfolgt unter Anwendung gesetzlicher Regelungen und ist transparent. Die bundesweite Einführung der Bezahlkarte und die damit einhergehende gesetzliche Verankerung der Bezahlkarte als neue Leistungsform im Asylbewerberleistungsgesetz erfolgte mit dem Ziel, Sozialleistungen ausschließlich zur Deckung des Lebensunterhaltes in Deutschland zu nutzen und mögliche Überweisungen dieser Leistungen über Bankkonten an das Ausland auszuschließen.

b) Die Umsetzung der Rahmenbedingungen für die Bezahlkarte obliegt den Ländern.
Wo ist in der landesweiten Vorgabe geregelt, dass alle Geflüchteten – auch die bereits im Wetteraukreis länger lebenden – die dem AsylbLG unterstehen, die Bezahlkarte erhalten müssen? Wir bitten um Quellenangabe.

Antwort: Die Weisung des Landes Hessen sieht zwingend vor, dass Geflüchtete, die bereits eine Bezahlkarte durch das Land Hessen in den Erstaufnahmeeinrichtungen erhalten haben, auch im zugewiesenen Landkreis eine Bezahlkarte zu nutzen haben.
Unter Abschnitt III bietet die Weisung des Landes den Landkreisen die Möglichkeit, den Personenkreis für die Nutzung der Bezahlkarte unter Anwendung der Regelungen der §§ 3, 3a AsylbLG und unter Ausübung von pflichtgemäßen Ermessens zu erweitern.
Unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wurde daher seitens des Wetteraukreises geprüft, ob eine Ausweitung der Bezahlkarte auf die bisherigen Leistungsbezieherinnen und -bezieher stattfinden soll.
Der Leistungsform der Bezahlkarte stehen keine generellen rechtlichen oder tatsächlichen Bedenken entgegen. Insbesondere sieht der Gesetzgeber keine Priorisierung der Form der Geldleistungen gegenüber der Leistungsform der Bezahlkarte vor, mit Ausnahme des Bargeldverfügungslimits. Vielmehr wird den Leistungsbehörden die Leistungsform der Bezahlkarte rechtlich in gleicher Weise wie die Form der Sach- und Geldleistungen zur Verfügung gestellt.
Gemäß der nach § 1 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLGDV HE) erteilten und ermessenslenkenden Weisung des Landes Hessen kann somit unter Ausübung von pflichtgemäßen Ermessens durch die Leistungsbehörde des Wetteraukreises zur Deckung des notwendigen Bedarfs sowie des notwendigen persönlichen Bedarfs die Bezahlkarte, die vom Land Hessen bereitgestellt wird, genutzt werden. Bei der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens sind von der Leistungsbehörde des Wetteraukreises individuelle Umstände zu prüfen und zu würdigen, die für eine Abweichung vom vorgenannten Grundsatz sprechen. Im Rahmen der behördlichen Ermessensausübung konnten jedoch keine Umstände ermittelt werden, die eine generelle Abweichung vom vorgenannten Grundsatz rechtfertigen, und diese sind auch sonst in behördlicher Hinsicht nicht bekannt geworden.
Bei der Umstellung der bisherigen Leistungsbezieherinnen und -bezieher im Grundleistungsbezug (§§ 3 Absatz 3, 3a AsylbLG) wird in jedem Einzelfall geprüft, ob eine Umstellung auf die Bezahlkarte aufgrund individueller Umstände erfolgen kann oder ob davon abgesehen werden muss. Vor der Umstellung auf die Leistungsform der Bezahlkarte wird jeder Geflüchtete im Grundleistungsbezug nach §§ 3, 3a AsylbLG angehört, so dass er die Möglichkeit hat, seine individuellen Umstände darzulegen.
Landesseitig sind bereits Personen, die ihren Lebensunterhalt überwiegend selbst durch Einkommen sicherstellen können, oder Geflüchtete in Privatwohnungen von der Leistungsform der Bezahlkarte ausgenommen. Über weitere Ausnahmen muss im Einzelfall durch die Leistungsbehörde des Wetteraukreises entschieden werden.

3. Trifft es zu, dass es nicht möglich ist, Guthaben über mehrere Monate anzusparen?
Trifft es zu, dass nicht verbrauchte Geldbeträge am Ende des Monats verfallen?

Wenn ja: Wie kann Geld angespart werden, um Anschaffungen zu tätigen? Zum Beispiel Kleidung, Haushaltsgeräte, Handy?

Antwort: Nach Rücksprache mit dem Land Hessen und dem Dienstleister wurden Ansparungen über mehrere Monate technisch ermöglicht. Sollte das Verfügungslimit demnach aus dem Vormonat nicht aufgebraucht werden, so wird der entsprechend ungenutzte Betrag in den Folgemonat übertragen. Das monatlich zur Verfügung stehende Verfügungslimit (individuell gewährter Regelsatz) wird um diesen ungenutzten Betrag des Vormonats erhöht.
Das Land Hessen und der Dienstleister teilten jedoch mit, dass es zunächst weiterhin Einschränkungen beim Bargeldverfügungslimit geben wird. Sollte das Bargeldverfügungslimit in einem Monat nicht ausgeschöpft werden, so wird der ungenutzte Barbetrag auf den Folgemonat übertragen. Dieser ungenutzte Barbetrag des Vormonats steht jedoch nicht als zusätzliches Bargeldverfügungslimit zur Verfügung. Er wird dem Verfügungslimit insgesamt hinzugefügt und kann unbar verbraucht werden. Sollten Geflüchtete den ungenutzten Barbetrag als zusätzliches Bargeldverfügungslimit im Folgemonat nutzen wollen, müssen sie sich an die Leistungsbehörde des Wetteraukreises wenden. Diese kann dann eine entsprechende Anpassung vornehmen. Das Land Hessen und der Dienstleister werden jedoch noch technische Anpassungen vornehmen, um die Übertragung des ungenutzten Bargeldlimits in den Folgemonat baldmöglichst zu ermöglichen.

4. Sie setzen Internetzugang voraus. Die betroffenen Geflüchteten müssen sich bei einem Online-Portal anmelden und eine App herunterladen.
Wie viele der betroffenen Geflüchteten verfügen über adäquate Hardware und wie viele haben einen entsprechenden Internetzugang?

Antwort: Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen sind nahezu alle Geflüchteten mit einem Smartphone ausgestattet und können somit die entsprechende APP nutzen oder sich im Onlineportal anmelden. Soweit dies im absoluten Ausnahmefall nicht der Fall ist, werden individuelle Lösungen gefunden. Gemeinschaftsunterkünfte mit einer Belegungskapazität ab 25 Personen sind weitestgehend mit WLAN ausgestattet.

5. DIE LINKE. Fraktion im Kreistag hatte am 13. Juni 2023 einen Antrag gestellt, in dem der Kreisausschuss als (Mit-)Träger des Jobcenters aufgefordert wurde, darauf hinzuwirken, dass im Jobcenter Wetterau neben digitalen Formularen immer auch Papierformulare angeboten werden. Dieser Antrag wurde in den Ausschuss JSFGG überwiesen. Dort wurde er als unnötig abgelehnt. Die Begründung lautete, es sei sowieso vorgesehen beide Wege – digital und analog – für die Belange der Hilfesuchenden offen zu halten.
Das Jobcenter erhöht zwar auch den Druck hin zur digitalen Kommunikation, ermöglicht jedoch auch weiterhin analogen Schriftverkehr.

a) Wie sieht das im Ausländeramt des Wetteraukreises aus? Wie wird grundsätzlich damit umgegangen, dass ein erheblicher Teil der betroffenen Menschen keine ausreichende online-Ausstattung und geringe online-Kenntnisse hat?
b) Gibt es eine Möglichkeit der Hilfestellung im Ausländeramt Wetterau?
c) Wie wird im online-Verkehr mit sprachlichen Hürden umgegangen?

Antwort: Die Fachstellen 1.3.3 Ein- und Ausreiseangelegenheiten, 1.3.4 Allgemeine Aufenthaltsangelegenheiten und 1.3.5 Besondere Aufenthaltsangelegenheiten des Fachdienstes 1.3 Ordnungsrecht werden als allgemeine Ordnungsbehörden tätig (vgl. § 1 Verordnung über die Zuständigkeiten der Ausländerbehörden und zur Durchführung des Aufenthaltsgesetzes und des Asylgesetzes). Hierbei handelt es sich um staatliche Auftragsangelegenheiten nach § 4 Abs. 2 HKO. Auftragsangelegenheiten sind gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 HKO vom Fragerecht des Kreistags
ausgenommen.
Ungeachtet dessen kann aber hier mitgeteilt werden, dass die Ausländerbehörde selbstverständlich bei Bedarf Hilfestellungen leistet. Dies geschieht insbesondere bei persönlichen Vorsprachen. Antragstellungen können sowohl analog als auch digital erfolgen