Rede auf der Kreistagssitzung vom 17. Mai 2023
Sie haben vor der Kommunalwahl 2021 – genauer am 26. August 2020 – endlich die kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft vorläufig akzeptiert.
Beschlossen wurde sie nicht.
Es wurde ein Beschluss gefasst, ein ‚Konzept zur Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft erarbeiten zu lassen‘. Dann folgten Debatten um die Geschäftsform und man entschied sich für eine privatwirtschaftliche GmbH. Nicht für eine gemeinnützige GmbH!
Das alles ist inzwischen zwei Jahre und neun Monate her.
In dieser Zeit wurde einmal – am 19. Januar 2023 – über die bisherigen Sondierungen berichtet.
Also 2 Jahre und fünf Monate nach der Beschlussfassung. Und es wurde – das betone ich – nicht über den Beschlussfortgang berichtet – nämlich das Konzept.
Wie das Konzept aussehen könnte, kam nicht vor. Es ging lediglich um die Klärung einiger rechtlicher Fragen. Das ist auch wichtig. Ohne Frage. Aber jetzt: Was ist mit dem Konzept zur Gründung der WoBau?
Bitte erzählen Sie uns nicht, dass sie im Hintergrund immer an den Thema dran sind und es halt dauert. Klar dauerts.
Aber erstens müsste der beschlussfassende Kreistag über den Fortgang seines Beschlusses regelmäßig informiert werden.
Und zweitens hätten Sie zur Sondierung wahrlich genug Zeit gehabt: Bereits am 14. Oktober 2015 hat dieser Kreistag unseren Antrag angenommen, dass der Kreisausschuss Möglichkeiten zum Aufbau einer kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft prüfen solle.
Das war – wen wundert’s eigentlich? – vor den Kommunalwahlen, die am 6. März 2016 stattgefunden haben.
Schon damals war der Druck auf den Wohnungsmarkt in der Rhein-Main-Region enorm hoch. Schon damals fehlte vor allem bezahlbarer Wohnraum.
Schon damals konnte es sich keine der Parteien, die zur Kommunalwahl antraten leisten, nichts zum Thema „bezahlbares Wohnen“ zu sagen – oder wenigstens zu den steigenden Mieten auf dem Wohnungsmarkt.
Nur mal zum Nachrechnen:
Sie hatten also bis heute 7 Jahre und 7 Monate Zeit, alle Voraussetzung für den Aufbau einer kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft zu prüfen.
Jetzt wollen Sie das Thema vertagen, weil Sie ja vor der Landratswahl im Herbst Aktivitäten zeigen wollen. Wir sind gegen eine Vertagung. Wenn wir etwas gelernt haben, dann: Nach der Wahl werden Sie mit Ihren Versprechungen nicht verlässlich sein!
Um es mal deutlich zu sagen:
Das ist das komplette Versagen Ihrer Parteien, dass sie in mehr als sieben Jahren nichts realisiert haben, um die Wohnungsnot im unteren Preissegment abzumildern.
Sie haben endlos lange die Augen davor verschlossen, dass der soziale Wohnungsmarkt auf einen Kollaps zusteuert.
Jetzt ist er da. Der Kollaps. Einkommensschwache Menschen und Geflüchtete haben kaum Chancen auf ihrem geliebten freien Wohnungsmarkt eine bezahlbare Wohnung zu bekommen.
Und immer noch ignorieren Sie, dass es dringend eine soziale Wohnungspolitik braucht. Sie hier im Wetteraukreis und Ihre Parteien in Berlin – liebe SPD, liebe Grüne und liebe FDP Sie sind in der Bundesregierung! – man könnte also Einfluss nehmen, meine Damen und Herren!
Im Januar 2023 wurde bekannt, dass 700.000 Sozialwohnungen bundesweit fehlen.
Aber das Problem war schon während der Koalitionsverhandlungen bekannt, denn es wurde festgelegt, dass bis Ende der Legislaturperiode 400.000 Sozialwohnungen gebaut werden sollten.
2022 wurden dann 22.000 Wohnungen gebaut. Die restlichen 378.000 verschwanden sang- und klanglos in der Versenkung.
Und hier vor Ort ist es ja noch viel schlimmer:
Der Landrat versucht, dem Druck auf dem Wohnungsmarkt mit noch mehr Druck auf die Geflüchteten zu begegnen. Die bekommen derzeit Briefe, sie sollen binnen drei Monaten aus den Unterkünften ausziehen. Wo sie eine bezahlbare Wohnung finden, das sagen Sie natürlich nicht dazu.
Und: Schlimmer geht immer!
Sonderbarerweise erhalten besonders die von Ihnen titulierten „Weltflüchtlinge“ solche Briefe. Die politisch gewünschten ukrainischen Geflüchteten werden nicht so behandelt.
So weit so schlecht, meine Damen und Herren!
Wir beantragen heute, dass ab nun regelmäßig über den Fortgang bei der WoBau berichtet wird, damit es mal voran geht!