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Soziale Politik
Kreistagssitzung am 7. 12. 2022
Herr Kreistagsvorsitzender, meine Damen und Herren,
Es wird Zeit, dass das enorme Ausmaß der sozialen Verwerfungen endlich zur Kenntnis genommen wird! Dass auch hier in der Wetterau registriert wird: Armut, soziale Deklassierung und Ungleichheit sind zentrale Probleme! Probleme, die angepackt werden müssen!
Wenn in Hessen 18,3 Prozent der Bevölkerung arm sind, die Kinderarmut 25 Prozent beträgt, dann ist das keine Randerscheinung!
Ein Viertel der Bevölkerung hat mit elementaren sozialen Problemen zu kämpfen. Bei 10 Prozent Inflation, enormen Teuerungen und einer sich anbahnenden Rezession ist ein weiterer Anstieg von Armut zu erwarten.
Das kann und darf nicht mehr ignoriert und zur Seite gewischt werden!
Politik gegen Armut ist nicht allein die Aufgabe der Bundes- oder Landesregierung. Politik gegen Armut muss auch hier im Wetteraukreis zu einem zentralen Punkt für politisches Handeln werden!
Wir haben in unserem Antrag sozialpolitisch wirksame Maßnahmen zusammengestellt. Und das sind keine Wolkenkuckucksheime. Solche Maßnahmen haben einige andere Kreise oder Städte schon ergriffen, weil sie ihrer sozialpolitischen Verantwortung nachkommen wollen. Man könnte sich diese Beispiele ja mal anschauen! Unsere Vorschläge in diesem Antrag sind umsetzbar!
Weil jetzt hier nicht so viel Redezeit ist, konzentriere ich mich auf den wichtigsten Punkt:
Bezahlbaren Wohnraum.
Was ist mit der kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft? Fast zwei Jahre nach dem Kreistagsbeschluss ist noch keine Aktivität zu bemerken.
Der Druck auf das untere Preissegment des Wohnungsmarktes steigt immer weiter an. Wie soll das Wohnungsproblem gelöst werden?
Wir bringen hier derzeit viele Geflüchtete in provisorischen Unterkünften unter. Dort können sie aber nicht bleiben. Schon jetzt leben noch 800 anerkannte Geflüchtete in Gemeinschaftsunter-künften. Da bleiben die ja nicht, weils in diesen Quartieren so nett ist. Sie finden keinen bezahlbaren Wohnraum!
Für ukrainische Geflüchtete wurde aus politischen Gründen eine Wohnungsbörse geschaffen. Für alle anderen halten Sie das offensichtlich nicht für nötig.
Aber es geht nicht nur um Geflüchtete. Viele Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, können die Mieten kaum noch bezahlen. 70 Prozent der Leute, die Hartz4-Leistungen bekommen, gehen arbeiten. Sie müssen aufstocken, weil sie viel zu wenig verdienen.
Und selbst für Haushalte, die bisher klar kamen, wird es immer schwieriger. Wenn jetzt die Nebenkosten weiter ansteigen und die Lebenshaltung teurer wird, geraten diese Menschen in eine Abwärtsspirale. Was ist dann in Zukunft zu erwarten, wenn in der anstehenden Wirtschaftskrise die Arbeitslosigkeit zunimmt?
Wenn mehrere Hundert auf den Wartelisten der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften stehen, dann ist klar: Der Markt regelt nichts!
Hier muss was passieren!
Und da hilft die beschönigende Nachricht auch nichts, dass ja im Wetteraukreis mehr als 20 000 neue Wohnungen entstanden sind. Sie wissen genau wie wir, dass keine niedrigpreisigen Wohnungen entstanden sind. Aber auf der anderen Seite sind in den letzten Jahren 40 Prozent der Sozialwohnungen im Wetteraukreis weggefallen!
Im unteren Preissegment herrscht Wohnungsnot! Und Sie ignorieren die Misere nach wie vor!
Sie haben eine kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft beschlossen, um im Kommunalwahlkampf ihre Ruhe zu haben! Sie haben sie finanziell schlecht ausgestattet und der Eindruck verfestigt sich, dass Sie auf das sang- und klanglose Ableben spekulieren – aber jedenfalls spekulieren Sie nicht auf eine soziale Wohnungspolitik im Wetteraukreis.
Meine Damen und Herren! Hier braucht es endlich ein Umdenken! Es wird Zeit für soziale Politik!