Geheimdienstliche Überwachung von Silvia Gingold ist eine Verhöhnung der Opfer des Faschismus und muss endlich aufhören. Barbara Degen muss rehablitiert werden!
Zur letzten Kreistagssitzung hatte DIE LINKE einen Antrag eingebracht zur Rehabilitierung der Leiterin der Volkshochschule Friedberg. Frau Barbara Degen war der erste Berufsverbotsfall in Hessen.
Den Antrag finden sie unter: „Kreistag/Anträge“
Hier in Kürze: Barbara Degen war Gewerkschafterin und zunächst SPD-Mitglied. 1972, als die Ministerpräsidenten der Bundesländer unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Willy Brandt am 28. Januar den sogenannten Radikalenerlass verabschiedeten, wechselte Barbara Degen zur DKP.
Seit 1971 war Barbara Degen Leiterin der Kreisvolkshochschule Friedberg. 1973 begann sich die örtliche CDU-Fraktion auf „die Kommunistin“ einzuschießen, verbreitete in Pressekampagnen Zweifel an ihrer Verfassungstreue. DGB und GEW leisteten solidarische Unterstützung aber die örtliche SPD schwenkte auf die CDU-Kampagne ein. Ende 1974 wurde Barbara Degen der erste Berufsverbotsfall in Hessen. 130 weitere hessische Berufsverbotsfälle sollten folgen.
Jahre später nannte Brandt den Radikalenerlass einen „Irrtum“. Aber diese Art der politischen Säuberung, der Bespitzelung und Ausgrenzung politisch unliebsamer Beschäftigter, prägte für Jahre und Jahrzehnte ein Klima der Einschüchterung. Im Fall der Tochter des berühmten Antifaschisten Peter Gingold – Sylvia Gingold – dauert die Bepitzelung bis heute fort.
Der Radikalenerlass führte zum Berufsverbot für viele Menschen, die als Lehrerinnen und Lehrer, in der Sozialarbeit, als Post- oder Bahnbeschäftigte oder in der Rechtspflege tätig waren bzw. sich auf einen solchen Dienst vorbereiteten. Keinem einzelnen der vielen Betroffenen konnte vor Gericht jemals eine konkrete Verfehlung nachgewiesen werden. Trotzdem haben sich die Behörden bei keiner/keinem der Betroffenen jemals entschuldigt und niemand ist offiziell rehabilitiert worden!
Die erste rot-grüne Landesregierung in Hessen beendete den Radikalenerlass und alle dazu ergangenen Beschlüsse in der Praxis.
Im Januar 2017 jährte sich nun die Einführung der Berufsverbote zum 45. Mal.
Doch noch heute wird Syliva Gingold vom Inlandsgeheimdienst überwacht. sie engagiert sich in der VVN/Bund der Antifaschisten und in der Friedenspolitik. Ihr wurde bisher sogar die Einsicht in ihre Akten verweigert.
Silvia Gingold ist eine der bekanntesten Berufsverbote-Betroffenen der Bundesrepublik Deutschland. Als Tochter des jüdischen Resistance-Kämpfers Peter Gingold ist sie unter anderem in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN) aktiv. Dies und ihr friedenspolitisches Engagement waren Grundlage dafür, ihr die Einstellung in den Schuldienst zunächst zu verweigern und sie mit einem Berufsverbot zu belegen.
Es ist so skandalös wie entlarvend, dass ihre Überwachung unter anderem damit begründet wird, Lesungen aus der Autobiographie ihres Vaters durchgeführt zu haben. Auch ihre friedenspolitischen und gewerkschaftlichen Aktivitäten waren dem ‚Verfassungsschutz‘ ein Dorn im Auge. Das macht die politische Ausrichtung des Geheimdienstes und dessen parteipolitische Instrumentalisierung mehr als deutlich.
Hinzu kommt, dass ausgerechnet die Behörde, die beim rechten Terror des NSU versagt hat, es für notwendig hält, friedenspolitisches und antifaschistisches Engagement bespitzeln zu müssen. Aufgrund des öffentlichen Drucks konnte Gingold zwar doch noch als angestellte Lehrerin arbeiten, sie wird aber bis heute vom ‚Verfassungsschutz‘ beobachtet.
Die Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag fordert die Einrichtung einer Kommission zur Aufarbeitung der Schicksale der von Berufsverboten betroffenen Personen und eine Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen.