Ein Sozialbericht, der diesen Namen verdient

Die Fraktion DIE LINKE. / Piraten stellt zur nächsten Kreistagssitzung am 29. März 2017 folgenden Antrag.

Bisher beinhaltet der Sozialbericht des Wetteraukreises einen Arbeitsbericht des Fachbereichs 3, eine Darstellung der Flüchtlingszahlen und einen Kurzbericht des Jobcenters.

Der Kreistag möge beschließen:
Zukünftige Sozialberichte bilden die sozialen Verhältnisse in der Wetterau ab.
Sie sollen als Arbeitsgrundlage für eine präventive Sozialpolitik im Wetteraukreis dienen können.

Zu einem solchen Sozialbericht gehören folgende Punkte:
Leistungsfähgkeit der Kommunen
Welche Gemeinden haben welche Steuereinnahmen?
Welche Städte und Gemeinden verfügen über welches Investitionsvolumen?
In was wird investiert? Wurde in den letzten 5 Jahren investiert?
Einkommensspreizung
evtl. nach Steueraufkommen und / oder nach Wohneigentum
Bedarf an Wohnraum
evtl Wohnraumkataster – Wohneigentum/ Mietwohnungen;
Bestand Sozial- oder kommunale Wohnungen
Mietenspreizung / räumliche Verteilung der Mietkosten
Gibt es problematische Wohngebiete? Warum sind sie problematisch?
Zahl der Menschen mit Behinderung
(Versorgungsamt und Sozialamt haben die Daten)
Bedarf an behindertengerechtem Wohnraum, an Tagesstätten, an Betreuungsmöglichkeiten
Zahl der Rentnerinnen und Rentner (Rentenkasse hat die Daten)
insb. mit Bedarf an Grundsicherungsaufstockung (Sozialamt hat die Daten)
Zahl der Aufstockerinnen und Aufstocker zum Lohn
Zahl der HartzIV-Leistungsberechtigten insb. Kinder
Zahl der Kinder, die Leistungen nach dem Bundesteilhabegesetz beantragt haben
Sozialkataster der Schulen
Welche Schülerschaft besucht welche Schule?
Gibt es problematische Schülerpopulationen?
Decken die sich mit den problematischen Wohnvierteln?
Welche Unterstützungsangebote halten die Städte und Gemeinden für die ärmere Bevöklkerung vor? Für Menschen mit Behinderung vor?
Welche Städte und Gemeinden halten welche Kinderbetreuungsangebote vor und wie viel kosten sie?

Begründung:

Der Bericht zur Armutsentwicklung in Deutschland 2017, den der Paritätische Wohlfahrtsverband kürzlich veröffentlichte, zeigt, dass die Armut in Deutschland auf einen neuen Höchststand von 15,7 Prozent angestiegen ist. Es wurde in den zugrunde liegenden Untersuchungen deutlich, dass es einen langjährigen Trend zu wachsender Armut gibt.

Erstmals ermöglicht der Bericht des Paritätischen einen Zehn-Jahres-Vergleich. Es zeigt sich, dass die Armut auch in allen westdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Hamburgs und Bayerns merkbar angestiegen ist.

Bei allen bekannten Risikogruppen hat die Armut im Vergleich zum Vorjahr noch einmal zugenommen: Bei Erwerbslosen auf 59 Prozent, bei Alleinerziehenden auf 44 Prozent, bei kinderreichen Familien auf 25 Prozent, bei Menschen mit niedrigem Qualifikationsniveau auf 32 Prozent und bei Ausländern auf 34 Prozent. Alarmierend ist im Zehn-Jahres-Vergleich insbesondere die Armutsentwicklung bei Rentnerinnen und Rentnern. Ihre Armutsquote stieg zwischen 2005 und 2015 von 10,7 auf 15,9 Prozent und damit um 49 Prozent.

Diese Entwicklung fordert die Politik zu einem entschlossenen Handeln auf. Natürlich in erster Linie die Bundes- und Landespolitik. Aber auch die Kommunen können sich nicht weiter wegducken!

Es muss um präventive Sozialpolitik gehen. Dazu gehört eine fundierte Kenntnis der sozialen Verhältnisse vor Ort. Politik muss entschlossen Handeln und eine Sozialpolitik entwickeln, die alle Menschen mitnimmt indem sie Armut bekämpft und soziale Ungleichheit verringert.