Der Verein „Linke Hartz4-Hilfe Wetterau“ wählte auf seiner Jahreshauptversammlung am 4. 5. 2023 einen neuen vergrößerten Vorstand. Die wiedergewählte Vorsitzende Anja ElFechtali erklärt: „Der Verein ist im letzten halben Jahr auf 154 Mitglieder angewachsen. Da ist es folgerichtig, dass auch der Vorstand größer sein sollte.“ Das neu gewählte Gremium besteht nun aus 8 Personen. Stellvertretender Vorsitzender ist weiterhin Karlheinz Hofmann, Kassenwart Peter Eickmann. Als Beisitzer wurden gewählt: Emir Can Yilmaz, Ivan Dimitrov, Erdal Kanbur, Khan Dawlatzay und Garabet Boghosian.
Die wichtigste Arbeit des Vereins sind die Sozialsprechstunden im Roten Laden, die zweimal wöchentlich stattfinden: montags von 14 bis 16 Uhr und donnerstags von 16 bis 18 Uhr. „Wir leisten ehrenamtlich Hilfe zur Selbsthilfe und begleiten durch den Behördendschungel“, sagt ElFechtali. „Dass zu jeder Sprechstunde etwa 20 Hilfesuchende kommen zeigt, wie nötig diese Unterstützung ist. Es gibt viel zu wenig Anlaufstellen, die den Menschen bei den umfangreichen Anträgen und bei ihren vielen Fragen zur Seite stehen. Dazu kommen Sprachprobleme. Das Jobcenter hat seinen sowieso nur für Ukrainer:innen vorgehaltenen Dolmetschedienst aufgelöst. Doch Behördendeutsch verstehen auch viele Muttersprachler nicht ausreichend. Im Jahr 2022 haben ca.1200 Hilfesgespräche stattgefunden.“
Zum Jahreswechsel konnte die Hartz4-Hilfe ihren 10. Geburtstag feiern. Zu diesem Anlass hatte der Verein den bekannten Armutsforscher Dr. Christoph Butterwegge eingeladen: Zum Forum „Reichtum für wenige – Armut für viele?“ waren über 100 Interessierte in die Friedberger Stadthalle gekommen. Karlheinz Hofmann verweist auf die Brisanz der Armut: „In Hessen ist die Armutsquote aunf 18,5 Prozent gestiegen. Viele Menschen sind von Armut bedroht, besonders Mieten und Energiekosten belasten die unteren Einkommen sehr stark. Wir wollen, dass der soziale Wohnungsbau angekurbelt wird und die OVAG Sozialtarife einführt. Und man muss natürlich über eine angemessene Besteuerung der Hypervermögen sprechen!“
Entsprechend engagiert diskutierte die Jahreshauptversammlung über zukünftige Pläne. Es wurde beschlossen, für den Verein einen neuen Namen zu suchen. Denn mit der Umbenennung der Jobcenter-Leistungen zum „Bürgergeld“ wird der alte Name bald nicht mehr verständlich sein. Jetzt werden Vorschläge gesammelt.
Ein weiteres Forum im Frühjahr 2024 soll prekäre Arbeitsverhältnisse genauer unter die Lupe nehmen. Nicht zuletzt der Streik der Lastwagenfahrer in Grävenhausen hat gezeigt, wie skrupellos Arbeiter:innen ausgenutzt werden. Viele der prekär Beschäftigten sind Osteuropäer:innen und Migrant:innen, die wenig Unterstützung haben.
Ein Dauerthema bleiben steigende Mieten und Energiepreise. Es zwar gibt in der Wetterau wenig große Immobilienhaie aber viele private Wohnungsbesitzer in Goldgräberstimmung. Es wurden öffentliche Aktionen beschlossen, um Druck für sozialen Wohnungsbau und Sozialtarife beim Strom zu machen.
Die migrantischen Mitglieder der Hartz4-Hilfe wünschen sich, dass sie nach fünf Jahren in Deutschland das kommunale Wahlrecht wahrnehmen können. „Es wird Integration gefordert aber gesellschaftliche Teilhabe und Mitbestimmung verwehrt. Deutschland ist ein Einwanderungsland“, sagt Emir Can Yilmaz. „Hetze und Fremdenfeindlichkeit lösen keine Probleme!“