Geschäftsordnung: Demokratische Rechte nicht abbauen!

Änderung der Geschäftsordnung des Wetterauer Kreistags
Verkleinerung des Kreistags

 

Rede zur Kreistagssitzung am 1. Oktober 2014

 

„Zum Ansinnen, Punkt 2 unseres Antrags zurückzuziehen, sagen wir das Folgende: Wir behalten den Antrag in der bisherigen Fassung bei. Im gesamten Abschnitt der Geschäftsordnung über die Redezeiten wird ausschließlich von Fraktionen gesprochen. 

Im § 18 wird zwar unter d) ausgeführt, dass fraktionslose Abgeordnete und Arbeitsgruppen bei Grundsatzstellungnahmen die Hälfte der Redezeit erhalten – also eigentlich 10 Minuten z.B. in der Haushaltsdebatte – doch dann kommt die Einschränkung „mindestens aber 
5 Minuten“. Was danach nochmal eingeschränkt wird: Der Kreistag kann die festgelegte Redezeit durch Beschluss ändern. Einer solchen Regelung können wir nicht zustimmen.

Sehr gehrte Damen und Herren,

die Änderungen der Geschäftsordnung sollen deshalb nötig sein, weil sie inzwischen 15 Jahre alt sind. So die Begründung der Koalition.

Die Änderungen, an denen der Zahn der Zeit genagt hat, sind jedoch Lappalien. Die Einspareffekte übrigens auch. 

Sie, liebe SPD müssten nur Ihre Fraktionsklausur nicht in Heimbuchental machen und dafür mindestens 4600 Euro ausgeben und schon wäre viel gespart. Dann wäre zum Beispiel die Reduzierung des Kreistags unnötig – die spart nur 4100 Euro jährlich ein.

Man könnte auch das Privileg des kostenfreien Parkens für Kreistagsmitglieder abschaffen und hätte dann so ungefähr 4000 Euro pro Jahr gespart. 

Und mit fiele auch noch manches andere ein….

Mit solchen Maßnahmen wäre dann auch erfüllt, was immer öffentlichkeitswirksam gefordert wird: „WIR (die Kreistagsabgeordneten) müssen auch bei UNS sparen“.

Die eigentlich wichtigen Änderungen in der Geschäftsordnung haben aber politische Gründe: Änderung der Fraktionsstärke und Änderungen bei den Redezeiten schränken die Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte kleiner Wahlgruppen ein. 

Sie können nicht mehr in Ausschüssen mitarbeiten, haben geringeren Zugang zu Informationen. Die Redezeit wird drastisch beschränkt. Und schließlich auch die Mittel, ihre Arbeit zu finanzieren.

Dabei sind die Möglichkeiten der Mitarbeit für kleine Wahlgruppen bereits jetzt schon beschränkt. 

An fast hundert Gesellschaften ist der Wetteraukreis beteiligt, auf deren Geschäftsgebaren der Kreistag keinen Einfluss mehr hat und auch nicht so gründlich informiert wird, dass eine demokratische Kontrolle möglich wäre. Das hat beispielsweise die jüngste Auseinandersetzung mit der VGO deutlich gezeigt.
Die größeren Parteien haben durch Sitze in den Aufsichtsräten Einfluss. 
Die kleinen bekommen nicht einmal mit, was zu einer Beurteilung wichtig wäre.
Stimmrecht in den Ausschüssen haben sie bereits jetzt nicht.

Aber anscheinend ist der Koalition selbst diese eingeschränkte Opposition unerträglich. 

Die Geschäftsordnung des Kreistags soll sich nach der Hessischen Kreistagsordnung richten. Dort ist im § 26 geregelt: „Eine Fraktion muss aus mindestens zwei Kreistagsabgeordneten bestehen.“ Was heißt: Unter zwei Abgeordneten geht es nicht.

Im § 26 ist im Satz 1 weiterhin gesagt: zwei Abgeordnete können sich zu einer Fraktion zusammenschließen. Da steht aber nicht: eine Fraktion kann aus zwei Kreistagsabgeordneten bestehen oder drei oder vier oder noch mehr….

Sondern der Sinn dieser rechtlichen Formulierung ist: Zwei Abgeordnete müssen sich zusammenschließen können! 

Das ist also keine Kann-Lösung, die durch eine Geschäftsordnung auszuhebeln wäre.

Meine Damen und Herren,

die neue Regelung in der Geschäftsordnung bevorteilt große Fraktionen noch mehr: mit Informationen, mit der Redezeit, mit der finanziellen Ausstattung. 

Ein mehr an Demokratie, wie SPD und Grüne das in Ihren Partei- und Wahlprogrammen schreiben, ist das nicht. Es ist eher so was wie das „Recht des Stärkeren“!

Demokratie muss mit Opposition leben. Noch mehr: sie lebt von Opposition. 
Und was Demokratie ganz sicher überhaupt nicht ist: ein Sparprogramm!

Ich hoffe, wenigstens einige Abgeordnete werden heute gegen diese Änderung der Geschäftsordnung stimmen, weil sie sich doch an ihrem eigenen Parteiprogramm und an demokratischen Vorstellungen orientieren.

Wir beantragen in dieser wichtigen Sache namentliche Abstimmung.“