BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) respektiert Beschluß der Stadtverordnetenversammlung nicht
Im Jahre 2016 erklärte die Stadtverordnetenversammlung, dass Sie in das Erstzugriffsverfahren für das Kasernengelände in Friedberg einsteigt. Ein Erstzugriff würde bedeuten, dass die Stadt Friedberg oder ein Treuhänder das Eigentum am Kasernengelände erwirbt und die Entwicklung betreibt. Zur Zeit gehört das Gelände der BImA, einer Agentur des Bundes. Nun hat die BImA dem städtischen Entwicklungsauschuss Ihre Ideen zur Kasernenentwicklung vorgetragen. Und das sind andere als die der Stadt. Im Rahmen der Sitzung wurde deutlich, dass die BImA ein Investorenmodell bevorzugt. Sie riet der Stadt dazu, vom Erstzugriff abzusehen. Dies ist erstaunlich, da der Versuch einer Investorenlösung schon unter Bürgermeister Keller grandios gescheitert ist. Das wird dieses Mal wahrscheinlich wieder so sein.
Investorenmodell hat Vorteile für BImA und Verwaltung, Nachteile für die Menschen
Es wäre sicher im Interesse der BImA, die Kaserne an einen Investor zu verkaufen. Bei einem Investorenmodell kann die BimA mehr Gewinn machen als beim Erstzugriff. Auch für die Friedberger Stadtverwaltung würde das weniger Arbeit bedeuten. Der Bürgermeister hätte die Möglichkeit, sich im Lichte großer Investoren zu präsentieren. Und wenn dann etwas schiefläuft, können die politischen Gremien die Verantwortung von sich schieben. Es gibt also manche Gruppen, für die das Investorenmodell Vorteile hat. Aber es gibt eben auch erhebliche Nachteile: Ein erfahrener Investor wird mit der Entwicklung des Geländes vor allem Gewinn machen wollen. Das ist legitim. Es bedeutet aber auch, dass die Mieten und die Kosten für Baugrundstücke deutlich höher sein werden. Durchschnittsverdiener*innen können sich dort keine Immobile leisten. Selbst wenn man dann als Alibi ein paar Prozent der Wohneinheiten als Sozialwohnungen baut: Ein Viertel für alle Bevölkerungsschichten entsteht so nicht.
Land unterstützt Stadt beim Erstzugriff
Es ist klar, dass die Stadt ein solch großes Gelände nicht allein entwickeln kann. Dafür ist das finanzielle Risiko zu groß. Und es fehlt die städtebauliche Kompetenz in der Verwaltung. Das wurde auch von der BImA als Argument gegen den Erstzugriff angeführt. Aber es ist nicht richtig: das Land Hessen hat bereits seine Unterstützung für das Vorhaben signalisiert. Die Baulandoffensive Hessen steht als Partner für die Entwicklung bereit. Dies ist übrigens das Ergebnis einer Initiative unseres Bürgermeisters. Auch wurde auf die enormen Planungskosten verwiesen, die ein solches Projekt mit sich bringt. Diese würden die Stadt stark belasten. Aber auch ein privater Investor hat ebenso Planungskosten, wie ein öffentlicher Investor.
Im Übrigen ist in Friedberg seit ein paar Jahren üblich, einen Teil der städtischen Planungen von externen Büros durchführen zu lassen. Wenn das schon bei vergleichsweise kleinen Planungen gemacht wird, ist das bei einem solchen Mammutprojekt sicher nicht unmöglich.
Kaserne soll Leuchtturm guter Stadtentwicklung werden
Wir wollen, dass die Entwicklung der Kaserne in Friedberg zum Vorzeigeprojekt für soziale und nachhaltige Stadtentwicklung wird. Dabei muss langfristig bezahlbarer Wohnraum in öffentlicher und genossenschaftlicher Hand geschaffen werden. Es muss über innovative Verkehrskonzepte nachgedacht werden. Über Null-Energie Viertel und autofreie Quartiere. Zur bezahlbaren Umsetzung dieser Ziele kann man z.B. auf neue Technologien wie serielles Bauen zurückgreifen.
Von der BImA wurde angedeutet, diese Ziele mit Hilfe städtebaulicher Verträge umzusetzen. Das ist im besten Fall naiv. Der Rahmen städtebaulicher Verträge wird mit diesen Zielen gesprengt. Dies gilt insbesondere, da ein großer Investor einen wesentlich stärkeren und teureren Rechtsbeistand hat als die Stadt Friedberg. Der Vertrag wird also die Interessen des Investors sichern, und nicht die der zukünftigen Bewohner*innen des Viertels.
BürgerInnenbeteiligung mit Investor nicht möglich
Wichtig ist uns bei der Kasernenentwicklung auch eine Einbindung der alten und neuen Friedberger*innen. Dazu brauchen wir eine umfassende BürgerInnenbeteiligung. Dies dient der Demokratie. Und es hilft auch bei der Verhinderung von Korruption. Ein Projekt, das mehrere hundert Millionen Euro umsetzt, weckt natürlich Begehrlichkeiten. Darauf sollten wir vorbereitet sein. Dass es wie in Homberg am Ende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, oder wie in Regensburg gar Festnahmen gibt, soll in Friedberg nicht passieren. Bei einem Investorenmodell sind BürgerInnenbeteiligung und Transparenz nicht realisierbar.
Für die Menschen: Am Erstzugriff festhalten
Wir fordern deshalb die anderen Fraktionen dazu auf, das beschlossene Erstzugriffsverfahren fortzusetzen. Der Bürgermeister sollte den demokratischen Beschluss der Stadt offensiv vorantreiben. Stattdessen macht er gute Miene zum bösen Spiel der BImA. Dabei wäre es politisch absurd, in einer Zeit, in der immer mehr Menschen gegen Mietwucher und Wohnungsnot auf die Straße gehen, ein ‚Mietsteigerungsmodell‘ auf dem Kasernengelände anzustreben. Auch drohen dann wieder Jahre des Stillstands, die der Stadt schaden. Wir sagen deshalb klar Nein zu diesem Unsinn!