DIE LINKE. stellt zur Kreistagssitzung am 20. Juni 2012 folgenden Antrag:
Der Kreistag setzt sich für die Umstellung des Schriftverkehrs bei der Kreisverwaltung ein.
Der Kreisausschuss soll die Kosten prüfen, die dafür anfallen werden.
Landrat Arnold und der Kreisausschuss werden aufgefordert Sorge zu tragen, dass der gesamte Schriftverkehr zukünftig in Leichter Sprache verfasst wird.
Die Mitarbeiter/innen der Kreisverwaltung werden dafür geschult und es wird ein Leitfaden für Leichte Sprache in der Kreisverwaltung des Wetteraukreises erstellt. Die Umstellung des Schriftverkehrs auf Leichte Sprache sollte bis Sommer 2013 erfolgen.
Begründung:
Leichte Sprache oder Einfache Sprache bezeichnet eine besonders leicht verständliche sprachliche Ausdrucksweise. Ziel der Leichten Sprache ist es, komplexe Sachzusammenhänge einfach und verständlich darzustellen. Leichte Sprache zeichnet sich durch einfache, klare Sätze und ein übersichtliches Schriftbild aus. Das erleichtert vor allem Menschen mit geringen sprachlichen Fähigkeiten oder Menschen mit Behinderungen das Textverständnis. Leichte Sprache ist damit eine Form der Barrierefreiheit.
„Sag es einfach!“ Das erleichtert nicht nur behinderten Menschen den Kontakt zu Behörden und Verwaltungen. Jeder kann leichte Texte besser verstehen als das übliche Amtsdeutsch.
Mit der Anerkennung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung sind öffentliche Einrichtungen auf allen Ebenen aufgefordert, Barrierefreiheit umzusetzen.
Dazu gehört auch, dass es den Menschen möglich ist, mit Behörden und Verwaltungen zu kommunizieren. Deshalb haben sich in den letzten Jahren zahlreiche öffentliche Einrichtungen entschieden, ihren Schriftverkehr auf leichte Sprache umzustellen.
Es gibt bereits Regelwerke und Leitfäden zum Umgang mit Leichter Sprache.
Einige Beispiele:
Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen Rheinland-Pfalz, Referat Reden und Öffentlichkeitsarbeit in Mainz, hat einen übersichtlichen Leitfaden herausgegeben.
2011 erschien das Wörterbuch für Leichte Sprache des Netzwerkes „Mensch zuerst e.V.“
Auch das „Netzwerk Leichte Sprache“ und die Vereinigung „Inclusion Europe“ haben übersichtliche Richtlinien für Leichte Sprache entwickelt.
Diese Regelwerke können vom Wetteraukreis genutzt werden. Die eigene Erstellung von Richtlinien für Leichte Sprache ist deshalb keine große Belastung für die Verwaltung.
Was ist daraus geworden?
Der Antrag wurde zunächst in den Ausschuss zur weiteren Beratung verwiesen.
Am 29. August 2012 wurde diesem Antrag weitegehend zugestimmt. Die Kreisverwaltung wird in ihren Schriftverkehr auf leichte Sprache umstellen.
Gabi Faulhaber hielt in derKreistagssitzung am 29.8.2012 folgende Rede:
„Sehr verehrte Kreistagsvorsitzende, sehr verehrte Damen und Herren,
wir freuen uns natürlich, dass unser Antrag auf offene Ohren gestoßen ist. Für die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention in der Wetterau ist das ein guter Schritt.
Barrierefreiheit ist nicht nur ein Problem der Mobilität.
Sprachliche Barrieren stellen in der Gesellschaft das größte Hindernis dar.
Das wurde schon in den siebziger Jahren erforscht und immer wieder wissenschaftlich bestätigt: Kinder aus Familien, die selbst einen geringen Zugang zu Bildung hatten, sprechen einen eingeschränkten Code. Das führt dazu, dass der Zugang zu den Bildungseinrichtungen – speziell zum Gymnasium und den Hochschulen – meist nicht gelingt.
Sprachliche Barrieren behindern die Verständigung mit Ämtern, Gerichten, Ärzten, auf dem Elternabend, bei der Arbeitssuche oder bei der Arbeitsagentur oder beim Jobcenter.
Dass nun die Kreisverwaltung versucht, Leichte Sprache zu verwenden, können wir linken nur begrüßen.“