Im Roten Laden wurde es eng. Dr. Arnold Schölzel, ehemaliger Chefredakteur der Jungen Welt und heute verantwortlich für die Monatszeitschrift „Rotfuchs“ diskutierte am 19. August 2019 mit einem engagierten Publikum über strategische Fragen der linken Bewegung.
Drei Thesen standen im Mittelpunkt:
Wie sind die Bedingungen für soziale Kämpfe?
Hier ist zu konstatieren, dass die linke Bewegung derzeit über keine ausreichende Kampfkraft verfügt, um ein soziales Konzept z. B. für Europa umzusetzen. Ein Ziel „no border no nation“ ist von seiner Durchsetzungsmöglichkeit noch weiter entfernt. Als Vision kann eine Welt ohne Grenzen politisches Ziel sein. In den realen Kämpfen in der realen Zeit werden soziale Rechte und demokratische Rechte in Nationalstaaten erkämpft bzw. verteidigt. Schon auf europäischer Ebene fehlen derzeit Vernetzungen und einheitlicher Widerstand gegen den neoliberalen Kapitalismus. Die demokratischen Rechte innerhalb der EU sind unzureichend.
Ist eine Debatte um Nationalstaaten rechts?
Die EU ist eine neoliberale Wirtschaftsunion. Sie ist keine Sozialunion. Zur Zeit sind die Staaten eine Brandmauer gegen transnationalen Abbau sozialer Rechte. Das Finanzkapital hat noch keinen totalen Zugriff auf den Sozialstaat. Innerhalb der Staten müssen soziale Rechte und Menschenrechte auch für Migrant/inn/en gelten. Diese Gruppe ist Teil der arbeitenden Bevölkerung, für die zwar auch besondere Forderungen nötig sind, aber der Kampf gegen Lohndrückerei und Wohnungsnot ist ein Kampf der gesamten Klasse. Auch in der Frage Krieg oder Frieden gibt es unterschiedliche Interessen zwischen den Nationalstaaten, die eine linke Bewegung nutzen muss. Die Bewegung gegen Aufrüstung und Krieg muss stärker werden.
Ist die Hauptfrage Migration?
Migration und Flucht müssen in einen Zusammenhang mit der Globalisierungsstrategie des Kapitals gestellt werden. Wenn nur die Flüchtlinge im eigenen Land gesehen werden und nicht die Politik, die die reichen Industrieländer in den Fluchtländern betreiben, bleibt man auf der Oberfläche eines viel tiefer liegenden Problems: dem derAusbeutung, der Destabilisierung durch ungleiche Wirtschaftsbeziehungen und Kriege. Die strategische Hauptfrage kann nicht Migration sein. Die Hauptfragen sind soziale Gerechtigkeit und Frieden. Gauland bezeichnete die Flüchtlinge als „Himmelsgeschenk“ für die AfD. Denn damit stehen rassistische und Konkurrenzaspete im Fokus der Politik und nicht soziale/demokratische Rechte für alle. Die Rechten versuchen derzeit die alte faschistische Losung „sozial aber national“ populär zu machen.
Linke Politik muss Soziale Fragen und den Kampf gegen Aufrüstung und Krieg in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Das gilt für eine wirkliche Bekämpfung der Fluchtursachen genauso, wie für die Politik im eigenen Land. Internationale Solidarität bedeutet heute: Kämpfen für Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe, gegen Kriegstreiberei und militärische „Entwicklungshilfe“, für ein Ende neokolonialistischer Beziehungen und natürlich die Unterstützung der linken Kräfte in den anderen Ländern.