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Weiterbildungen Geschlechtliche Vielfalt
Kreistagssitzung am 8.12.2021
Herr Kreistagsvorsitzender,
sehr geehrte Mitabgeordnete,
liebe Gäste,
seit 2013 darf man offiziell in Deutschland als intergeschlechtlicher Mensch leben. Bis dahin gab es keinen neutralen Geschlechtseintrag.
Intergeschlechtlichkeit dagegen gibt es schon seit jeher.
Erst seit 2018 können Menschen, die weder männlich noch weiblich sind, das Feld nicht nur leer lassen, sondern ihr Geschlecht offiziell als „divers“ eintragen lassen.
Lange Zeit wurde man kurz nach der Geburt operiert, um einem der beiden anerkannten Geschlechter zu entsprechen.
Bevor ein Kind sein Geschlecht definieren konnte, wurde es einer OP unterzogen, die medizinisch nicht notwendig und zum Teil lebenslang beeinträchtigend war.
Zwischen 2005 und 2016 waren das jährlich bis zu 2000 Kinder.
Diese Art der Körperverletzung wurde immernoch nicht entschädigt und ist erst seit diesem Jahr verboten.
Seit 1980 gibt es die Möglichkeit, seinen Geschlechtseintrag ändern und eine Geschlechtsangleichung durchführen zu lassen.
Davor hatten transgeschlechtliche Personen keine realistische Chance, in Deutschland ein langes und erfülltes Leben zu haben.
Queeres Leben ist eine Realität.
Es hilft niemandem, das totzuschweigen oder den Betroffenen das Leben durch Gesetze schwerer zu machen.
Der Wetteraukreis und seine Behörden müssen sich damit auseinandersetzen.
Der Gang zum Arzt oder zu Ämtern ist für LGBTIQA*-Personen neben der Schule oft die belastendste Alltagserfahrung.
Behörden kennen sich mit der Lebensrealität dieser Personen, aber noch schlimmer: mit der Rechtslage, selten aus.
Sowohl den Umgang mit queeren Personen in Schulen als auch in Behörden kann der Wetteraukreis verbessern.
Queerfeindliche sind mit antisemitischen die häufigsten Beleidigungen auf Schulhöfen.
Dass sich in so einem Umfeld niemand traut, seine Sexualität oder Geschlechtsidentität abweichend von der Norm zu definieren, erklärt sich von selbst.
Viele Lehrkräfte können schon mit Grundbegriffen nichts anfangen und sind bei einem Outing entsprechend überfordert.
In Einrichtungen, die junge Menschen in der Pubertät die meiste Zeit begleiten, darf das nicht der Status Quo sein.
Besonders bei Konflikten mit dem Elternhaus sind Jugendliche oft auf sich allein gestellt.
Das muss nicht sein.
Wenn Ansprechpersonen und Hilfsstellen bekannt sind, können Lehrkräfte und Mitarbeitende in Behörden auf diese verweisen.
Wenn Vertreter*innen des Kreises in den Ämtern wissen, dass das biologische Geschlecht nicht zwangsläufig dem tatsächlichen entspricht, kann ein wertschätzenderes Klima geschaffen werden.
Wenn sie wissen, dass weder Trans- noch Intergeschlechtlichkeit Krankheiten sind, sondern ein Beweis dafür, dass Geschlecht nicht binär ist, kann Diskriminierung vorgebeugt werden.
Die Erfahrung, dass der Weg zum Amt nicht mit Diskriminierung verbunden sein muss, stärkt das Vertrauen in den Landkreis und seine Institutionen.
Unserem Antrag zuzustimmen wäre ein Anfang um zu zeigen, dass die Wetterau Vielfalt nicht nur zähneknirschend duldet, sondern wertschätzt.