DIE LINKE. fordert eine Sondersitzung des Sozialausschusses im Kreistag
In Bad Nauheim sollen drei Häuser für psychisch kranke Menschen am 31. August geschlossen werden. Den 75 Beschäftigten hat der Dorea-Konzern zum 31. Oktober gekündigt.
„Das ist eine Katastrophe,“ sagt Gabi Faulhaber, Fraktionsvorsitzende der Linken im Kreistag. „Bei den 113 Bewohnerinnen und Bewohnern handelt es sich überwiegend um schwerst psychisch kranke Menschen. 68 Bewohner:innen leben in einer besonderen Wohnform für chronisch-seelisch Erkrankte. Für diese Menschen ist das Heim Lebensmittelpunkt und Familienersatz. Sie benötigen Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch IX. Diese Eingliederungshilfe steht den Menschen gesetzlich zu, aber entsprechende stationäre Plätze sind äußerst rar und deshalb immer belegt. Wo sollen die Menschen denn auf die Schnelle unterkommen?“
Was wird aus den Bewohnerinnen und Bewohnern?
Faulhaber sieht große Probleme und wenig politisches Interesse zur Lösung. Der Wetteraukreis sieht sich nicht verantwortlich.
Denn zuerst sind das Land Hessen und der Landeswohlfahrtsverband (LWV) in der Pflicht. Aber der Wetteraukreis kann sich nicht einfach herausreden. Wenn behinderte Menschen die Regelaltersgrenze erreicht haben, ist der Kreis sowieso für die existenzsichernden Leistungen in besonderen Wohnformen zuständig. Auch wäre er nach dem Hessischen Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen verpflichtet, mit den Einrichtungen zusammenzuarbeiten und sie zu kontrollieren.
DIE LINKE. fordert daher, dass sich das Sozialministerium, der LWV-Hessen, die Hessische Betreuungs- und Pflegeaufsicht und der Kreisausschuss schnellstens zusammensetzen, um eine Lösung zu erarbeiten. Auch wenn derzeit die Sommerpause ein großes Problem darstellt und Ansprechpartner kaum anzutreffen sind, duldet diese Notsituation keinen Aufschub.
DIE LINKE. Kreistagsfraktion fordert auch eine Sondersitzung des Sozialausschusses im Kreistag. „Wir wollen zumindest darüber informiert werden, wie diese große Lücke in der sozialen Versorgung aufgefangen werden soll und was der Wetteraukreis inzwischen unternommen hat. Ist man mit dem Sozialministerium und dem LWV in Kontakt getreten? Welche Vorschläge zur Rettung der Einrichtung gibt es? Was wird getan, um den Bestand an Pflegeeinrichtungen abzusichern? Das sind Fragen, die geklärt werden müssen“, sagt Faulhaber, die auch dem Verwaltungsausschuss des LWV angehört. „DIE LINKE. LWV-Fraktion setzt sich auch dort für eine Sondersitzung ein, um über die Möglichkeiten zum Erhalt zu beraten.“
Profite statt Gemeinwohl? Das muss sich ändern!
Auf der homepage des Dorea-Konzerns werden Teilinsolvenzen als betriebliche Notwendigkeit angekündigt: Man müsse umstrukturieren und Teile des Geschäfts abstoßen. Dazu gehört offenbar auch der Träger „Margarethenhof GmbH“, der am 1. Juli 2023 Insolvenz anmeldete. Die Margarethenhof GmbH hatte Ende 2018 ihre Einrichtungen in Bad Nauheim an den Dorea-Konzern verkauft, operierte offensichtlich aber weiterhin als Betriebseinheit unter dem Dach des Dorea-Konzens und war für die Häuser verantwortlich.
Dorea-Geschäftsführer Dr. Walter von Horstig betont auf der homepage des Konzerns: „Für die Pflegebedürftigen, die in den betroffenen Einrichtungen und ambulanten Diensten versorgt werden, ändert sich während der Durchführung der Verfahren nichts. Alle stationären und ambulanten Pflege-Leistungen werden wie gewohnt erbracht. Unser Geschäftsbetrieb geht ganz normal und in vollem Umfang weiter.“
„Das gilt wohl nicht für die Menschen in Bad Nauheim,“ ärgert sich Gabi Faulhaber. „Dass Pflegeheime und stationäre Einrichtungen der Eingliederungshilfe an große private Konzerne verkauft wurden und Bund und Länder nichts dagegen unternommen haben, rächt sich jetzt! Gesundheitsversorgung und die Betreuung von Menschen mit Behinderungen sind staatliche Aufgaben und dürfen keine profitablen Geldanlagen für reiche Milliardäre sein, wie bei Dorea. Während der Niedrigzins-Zeit wurde Kapital in Pflege- und Altenheime investiert. Das war hochprofitabel. Heute gibt es wegen der gestiegenen Zinsen wieder schnellere und rentablere Anlagemöglichkeiten. Jetzt holt man das Geld wieder heraus und lässt die Einrichtungen wie heiße Kartoffeln fallen. Nach den Konzernen Convio, Curata und Hansa zieht nun Dorea Kapital aus der Branche zurück. Solchen Privatisierungen muss in Zukunft Einhalt geboten werden! Hier sind auch die Parteikollegen der Landes- und Bundesregierung gefragt, die im Kreistag sitzen!“