Anfrage zum Gesundheitszentrum Wetterau – Mai 2018

Die Anfrage zu GZW ist vom 11. Mai 2018 und wurde am 13. Juni 2018 der Fraktion übergeben.

Sehr geehrter Herr Häuser,
wir bitten um die Beantwortung der folgenden Fragen, die wir an Herrn Landrat Weckler und an die Geschäftsleitung des GZW richten:

Antwort: Vorbemerkung: In der Sitzung des Haupt- und Finanz- und Personalausschusses am 17. 5. 2018 gaben für die GZW gGmbH der Geschäftsführer Herr Dr. Fellermann und der ärztliche Direktor Herr Prof. Dr. Dr. Grimminger umfangreiche Informationen zur Entstehung der Kassenkredite und der Situation des GZW. Die Präsentation ist Anlage des Protokolls des HPF-Ausschusses. Ich verweise daher nachfolgend auch auf die Aussagen dieser Präsentation.

1. Laut Berichten in der Presse gewährte der Wetteraukreis dem GZW Geld aus den eigenen Kassenkrediten – und zwar ca. 11 Millionen Euro. Das erhaltene Geld habe das GZW in den Bau eines Facharzt- und Servicezentrums und den Kauf der Diabetesklinik investiert.
In der HGO ist festgelegt, Kassenkredite dürfen nur zur Liquiditätssicherung aufgenommen werden (§ 105); sie dienen der Überbrückung von vorübergehenden Liquiditätsengpässen.
Im Gegensatz zu den Krediten nach § 103 HGO sind sie keine Deckungsmittel.
Zitat § 105 HGO: „Zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen kann die Gemeinde Kassenkredite (…) aufnehmen, (…)
Es heißt „ihrer“ – es heißt nicht „für Leistungen einer Beteiligungsgesellschaft oder gGMBH“.

• Wie begründen Sie, dass Kassenkredite des Kreises an das GZW weitergegeben wurden?

Antwort: Der Wetteraukreis gewährte ab 2012 der GZW gGmbH einen Kassenkredit zur Stärkung der Liquidität (siehe Präsentation HFP-Ausschuss, Seite 21). Bundesweit haben kommunale Krankenhausträger ihre Kliniken über viele Jahre hinweg durch die Gewährung von Kassenkrediten unterstützt.

• Was sagen Sie zur Aussage des ehemaligen Landrats Arnold, zitiert in der FR vom 14. 1. 2018: „Diese Inverstitionssumme wurde aus der vom Wetteraukreis zur Verfügung gestellten Kreditlinie finanziert.“

Antwort: Im Zeitraum 2009-2012 wurden durch die GZW gGmbH umfangreiche Investitionen getätigt. Dies hat zu einer vollständigen Inanspruchnahme der gesellschaftseigenen Mittel geführt. Um die Liqidität der GZE gGmbH zu sichern, gewährte der Wetteraukreis der Gesellschaft ab 2012 einen Kassenkredit (4 Mio, EUR). Dieser wurde infolge der Investitionen benötigt.

• Wurden damit Investitionen getätigt? Wenn ja, welche?

Antwort: siehe antwort zu Frage 1.1 (siehe Präsentation HFP-Ausschuss, Seite 20-25)

• Es gab auch Presseberichte darüber, dass die Kassenkredite wegen der roten Zahlen der Krankenhäuser Gedern und Schotten nötig gewesen seien. Inwiefern ist das richtig?

Antwort: Infolge negativer Ergebnisentwicklungen an allen GZW-Standorten musste der Kassenkredit Ende 2015 auf 11 Mio EUR erhöht werden (siehe Präsentation HFP-Ausschuss, Seite 7). Unabhängig von der Gewährung des Kassenkredites hat der Wetteraukreis die Verluste am Standort Schotten immer vollständig getragen (siehe Präsentation HFP-Ausschuss, Seite 22).

2. In Bad Nauheim will das GZW weiter ausbauen. 60 Millionen Euro Volumen sollen investiert werden. Der Eigenanteil des GZW beträgt zwischen 15 und 20 Millionen Euro.

• Wie ist das genau? Werden insgesamt ca. 60 Millionen investiert inklusive des Eigenanteils des GZW (das entspräche dann einem Drittel der Investitionssumme)?

Antwort: Die Umbau- und Erweiterungsmaßnahme ist gegenwärtig mit insgesamt 60 Mio EUR veranschlagt. Von dieser Gesamtsumme sind Fördermittel in Höhe von 43,2 Mio EUR in Aussicht gestellt (siehe Präsentation der HFP-Ausschusses, Seite 10-11). Nach Abzug aller anvisierten Fördermittel besteht aktuell ein Finanzierungsbedarf  i.H.v. 16,7 Mio EUR.

• Oder kommt der Eigenanteil zu den 60 Millionen noch dazu? In der WZ vom 6. 3. 2018 wird die staatliche Förderung der Baumaßnahme auf 75% beziffert.
• Was stimmt jetzt?

Antwort: siehe Antwort zu Punkt 2

3. Der Wetteraukreis will das Stammkapital des GZW aufstocken.

• Woher soll das Geld kommen – also 15 Millionen Euro – mit dem der Wetteraukreis das Stammkapital aufstocken will? Wo sind diese Überschüsse oder freien Finanzmittel im Haushalt des Wetteraukreises zu finden? Oder werden dafür Kredite aufgenommen?

Antwort: Gemäß Beschluss des Kreistages vom 6. 12. 2017 stellt der Wetteraukreis dem GZW über einen Zeitraum von 5 Jahren je 3 Mio EUR – Erhöhung der Stammkapitaleinlage – zur Verfügung. Im Nachtragshaushalt 2018 des Wetteraukreises ist eine 1. Zahlung in Höhe von 3 Mio EUR veranschlagt.

 

4. Ein Zuschuss von 7 Millionen, der nicht abgerufen wurde und verfallen war, konnte reaktiviert werden. Dazu kommen Mittel aus dem Strukturfonds des Landes Hessen.

• Wie wollen Sie den Strukturfonds der Landesregierung nutzen? Für welche Bereiche oder Aufgabenfelder?

Antwort: Durch den Geschäftsführer des GZW wurden bereits Förderanträge zu allen in Frage kommenden Bundes-/ Landesprogrammen gestellt (siehe Präsentation der HFP-Ausschusses, Seite 11).

• Was genau wird in Bad Nauheim gebaut?

Antwort: In mehreren Bauabschnitten bis 2024 werden insgesamt 60 Mio EUR investiert. Für die Zusammenlegung der stationären Versorgung werden die in Bad Nauheim bestehenden 9.000 Quadratmeter Nutzfläche um 7.750 Quadratmeter erweitert. Laut der bisherigen Zielplanung ist die Umsetzung in fünf Bauabschnitten bis zum Jahr 2024 vorgesehen. Der 1. Bauabschnitt umfasst die Erweiterungen des Zentral-Operationstraktes am Hochwaldkrankenhaus von vier auf fünf OP-Säle sowie der Sterilgutaufbereitung.
In den weiteren Bauabschnitten sollen die Pflegebereiche von derzeit 248 Betten und 4.900 Quadratmeter auf 400 Betten mit insgedamt 10.500 Quadratmetern erweitert werden; dies wird die Stationsgrößen ebenso wie die Patientenunterbringung und – versogung optimieren. Parallel soll die Intensivstation von 12 auf 30 Betten ausgebaut und ein differenziertes Pflegesystem mit Intensiv- und Intermediate-Care (einschließlich Verbesserung der I
soliermöglichkeiten) geschaffen werden. Des Weiteren stehen an: Sanierung der Pflege- und Funktionsbereiche in den Bestandsbauten am Hochwaldkrankenhaus, Errichtung eines Parkdecks im Bereich der vorhandenen Parkplatzfläche sowie Verlegung des Haupteingangs an die nordwestliche Ecke des Neubaus.

• In der Presse ist von einem Bettenhaus und einem zentralen OP-Trakt gesprochen.
Faktisch sind die Krankenhäuser des GZW in Bad Nauheim und Friedberg bereits heute ein gemeinsamer Betrieb. Weshalb muss es einen Zentral-OP-Trakt in Bad Nauheim geben? Warum ein neues Bettenhaus? Welche Synergieeffekte erwarten Sie davon?
Begründen Sie, inwiefern die geplanten Investitionen die wirtschaftliche Stabilität des GZW verbessern sollen.

Antwort: Deutschland verfügt nach allgemeiner Einschätzung der Fachleute insgesamt über zu viele Krankenhäuser und stationäre Angebote. Die Krankenkassen sowie die Bundes- und Landesregierung verfolgen deshalb strukturell den Abbau bzw. die Konzentration von stationären Krankenhausleistungen (Förderung gemäß § 12 KHG i. V. m. der Krankenhausstrukturfonds-Verordnung). Um das GZW als kommunalen Klinikkonzern zu erhalten, müssen auch hier Leistungen konzentriert werden.
Es ist eine Zusammenführung der Standorte Hochwaldkrankenhaus und Bürgerhospital (Somatik) geplant. Die Analyse der aktuellen Situation, der Wettbewerbsposition, des Einweisungsverhaltens, der Kostendaten, der regionalen Martkpotentiale und demografischen und epidemiologischen Trends zeigt zusammenfassend auf, dass eine Zusammenführung und Konzentration des Leistungsangebots der heute geografisch nah beieinander liegenden Krankenhäuser Bürgerhospital Friedberg und Hochwaldkrankenhaus am Standort Bad Nauheim strategisch sinnvoll und wirtschaftlich empfehlenswert ist. 
Die Konzentration aller stationären Leistungen am Standort Bad Nauheim führt zu beachtlichen Effizienz- und Qualitätssteigerungen in der Leistungserbringung un zu einer deutlichen Reduktion der Vorhaltekosten durch Abbau von Überkapazitäten. 
Die Vorhaltung an Behandlungskapazitäten in den zentralen klinischen Funktionsstellen kann durch Konzentration und Erhöhung der Auslastung an einem Standort ebenso signifikant reduziert werden. Die Anzahl der erforderlichen OP-Säle lässt sich von heute 8 Säle auf 5 Säle reduzieren. Gleiche Konzentrationseffekte sind für die Funktionsdiagnostik, Endoskopie, Radiologie und Laboratoriumsmedizin zu verzeichnen. 
Bei den nicht-klinischen Funktionsstellen sind durch den heute schon hohen Anteil an fremd vergebenen Leistungen keine bemerkenswerten Erweiterungen in Folge der Standort-Konzentration erforderlich. 
Aus medizinisch-pflegerischer Sicht sind durch die Stadardisierung der Behandlungsprozesse und Erhöhung der Fallzahlen weiter Qualitätssteigerungen sowie eine Schärfung des Marktauftritts des GZW zu erwarten.

• Was passiert mit den Kapazitäten im Krankenhaus Friedberg? Wird es in Friedberg keinen OP-Trakt und kein Bettenhaus mehr geben? Welche Perspektive sehen Sie für das Krankenhaus Friedberg?

Antwort: Im Rahmen der Konzentration der akutstationären Versorgung in Bad Nauheim ist eine Umwandlung des stationären Bereiches in andere bedarfsnotwendige Kapazitäten nach § 1, Abs. 1, Nr. 3b KHSFV (Krankenhausstrukturfonds-Verordnung) und weitere ambulante Angebote am Bürgerhospital in Friedberg vorgesehen. Diese Arbeitsteilung und Ergänzung ist eine wichtige Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit des GZW.

5. Andererseits ist in der Presse (z.B. WZ vom 29. 3. 2018) zu lesen, dass auch am Bürgerhospital Friedberg und am Krankenhaus Gedern investiert werden soll.

• Welcher Art sind diese Investitionen?

• Wie hoch ist die jeweilige Investitionssumme?

 Antwort: (siehe Präsentation HFP-Ausschuss, Seite 10 sowie Seite 12-19) Die Standorte Friedberg und Gedern werden auch weiterhin im Rahmen der wohnortnahen medizinischen Versorgung im Wetteraukreis Bestandteile der GZW-Strategie bleiben. Dies bedingt eine permanente bauliche Anpassung der jeweiligen Immobilien an die jeweils aktuellen baulichen Gesetzes-Auflagen bzw. die Umwandlung in andere bedarfsnotwendige medizinische Kapazitäten. Die in § 9, Abs 1 und Abs 2, Nr. 1-4 und 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes genannten Tatbestände werden zu diesem Zweck durch den Gesetzgeber in festen Beträgen (Jahrespauschalen) auf der Grundlage der für die Krankenhäuser jeweils ermittelten Inverstitionsbewertungsrelationen nach § 10 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes gefördert. 

6. Was sagen sie zu dem Vorwurf, eine Erhöhung des Stammkapitals um 15 Millionen Euro hätte nicht vom Kreistag des Wetteraukreis einseitig beschlossen werden können, sondern hätte zwingend von der Gesellschafterversammlung des GZW beschlossen werden müssen?

Antwort: Gesellschaftsrechtlich kann der Beschluss durch die Gesellschafterversammlung nach dem Beschluss des Kreistages getroffen werden. 

7. Die Stadt Bad Nauheim hat zur Unterstützung der Fusionsbemühungen mit den Lahn-Dill-Kliniken Immobilien mit einem bilanzierten Wert von 3.033.329 Euro ohne Gegenleistung in das GZW eingebracht.

• Wie ist das Gutachten von PricewaterhouseCoopers zusammengesetzt?
• Welche Werte wurden berücksichtigt?
• Wurden die Immobilien berücksichtigt, die Bad Nauheim in das GZW eingebracht hat?
• Wieso geht der Wetteraukreis mit einem Gutachten in die Verhandlungen um die Erhöhung des Stammkapitals, in dem PWC den Wert des GZW auf 3,5 Millionen beziffert (1,75 Millionen Anteil Bad Nauheim) – wenn schon diese eingebrachten Immobilien rund 3 Millionen Euro wert waren und sich mit der Einbringung dieser Summe auch die Höhe der Beteiligung Bad Nauheims am GZW erhöht hat?

Antwort: Antworten auf diese Fragen wurden bereits auf die Anfrage der Fraktion FWG/UWG vom 28. 1. 2018 gegeben.
Beide Gesellschafter (Stadt Bad Nauheim und Wetteraukreis) haben gemeinsam an die Fa. PWC ein Ertragswertgutachten in Auftrag gegeben. Die Methode des Ertragswertsverfahrens wurde gewählt, da das GZW nach Veräußerung der Anteile BN weitergeführt werden soll. Sachwerte (z. B. Grundstücke) spielen deshalb keine Rolle, 
Fachliche Erläuterung: Unternehmenswerte können nach IDW S 1 (ein vom institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. entwickelter, allgemein anerkannter Bewertungsstandard) i. d. F. 2008 nach dem Ertragswert – oder Discounted-cashflow-Verfahren – ermittelt werden. Beide Verfahren sind grundsätzlich gleichwertig und führen bei konsistenter Prämissensetzung zu identischen Ergebnissen.

Bei der Ermittlung des Ertragswertverfahrens schlägt sich Substanz (bspw. durch Berücksichtigung der Reinvestitionsrate) des Unternehmens vollständig in geplanten Erträgen/Aufwendungen und damit auch im Unternehmenswert nieder. Eine schlechte Substanz (z. B. durch Investitionsstau) führt zu höheren Instandhaltungskosten und damit zu einer schlechteren Unternehmensbewertung, wohingegen sich eine gute Substanz im Patientenzuspruch und damit über die Erlöse im Unternehmenswert widerspiegelt.

8. In den Verlautbarungen des Wetteraukreises war am 7. 2. 2018 zu lesen, dass das von PWC erstellte Wertgutachten den Kreistagsabgeordneten nicht zur Einsicht vorgelegt werden soll.
• Bitte beantworten Sie die Frage, wie Sie sich vorstellen, dass der Kreistag und die ihm angehörenden Fraktionen ihr Kontrollrecht genau ausüben sollen?
• Auf welcher Grundlage soll das Kontrollrecht ausgeübt werden?
• Wie halten Sie es ist mit dem Kontrollrecht der Opposition, die nicht im Aufsichtsrat des GZW vertreten ist?

Antwort: Die Vertreter des Kreistages des Wetteraukreises üben ihre Informations- und Kontrollrechte gemäß den Regelungen der Hessischen Gemeindeordnung (HGO), der Hessischen Landkreisordnung (HKO) sowie der Geschäftsordnung des Kreistages aus. 
Für die GZW gGmbH wurde zusätzlich ein Aufsichtsrat gebildet. Gemäß § 9, Abs 2 des Gesellschaftsvertrages der GZW gGmbH besteht der Aufsichtsrat aus 30 Mitgliedern. Der Wetteraukreis ist im Aufsichtsrat durch den Landrat und weitere 9 Vertreter/innen vertreten. Die weiteren Vertreter des Wetteraukreises werden jeweils nach einer Kommunalwahl durch den Kreistag gewählt.