Kein Bankkonto für Flüchtlinge?

Zurzeit verweigert die Sparkasse Oberhessen anerkannten Flüchtlingen mit einer Fiktionsbescheinung die Eröffnung eines Girokontos.
Auf Nachfrage, auf welcher Grundlage diese Verweigerung basiere, teilte man uns mit, dass es sich um neue Anweisungen des Wetteraukreises handele.

Sobald einem Flüchtling vom BAMF die Flüchtlingseigenschaften zuerkannt wurden, stellt das zuständige Sozialamt alle Leistungen ein. Um weiterhin den Lebensunterhalt finanzieren zu können, muss ein Flüchtling beim Jobcenter Wetterau einen Antrag auf ALG II stellen. Die beantragten Leistungen können nur ausbezahlt werden, wenn ein Flüchtling ein Girokonto bei einer Bank hat. Bargeld wird beim Jobcenter nicht ausgezahlt.

Der Bundesrat verabschiedete am 16. 3. 2016 das sogenannte Zahlungskontengesetz, das ein „Konto für jedermann“ vorsieht. Mit dem Gesetz haben alle Verbraucher bundesweit das Recht auf einen Zugang zu einem Bankkonto mit den wichtigsten Funktionen. Dazu gehören Bareinzahlungen und -auszahlungen sowie Lastschriften und Kartenzahlungen. Zuvor wurde Obdachlosen und Asylsuchenden dieses Recht meist verweigert.Verweigern können Banken die Kontoeröffnung für jedermann nur noch in Ausnahmefällen – beispielsweise bei bestimmten Straftaten wie Geldwäsche.

Aber auch schon das Hessische Sparkassengesetz vom 10. November 1954 in der Fassung vom 24. Februar 1991 enthält eine Sollvorschrift: § 2, Aufgaben:
(4) Die Sparkassen sollen nach Maßgabe der Mustersatzung jeder Einwohnerin und jedem Einwohner im Gebiet ihres Trägers auf Verlangen ein Girokonto auf Guthabenbasis einrichten.

Die Fraktion DIE LINKE./PIRATEN bittet um die Beantwortung der folgenden Fragen:

1. Welche Gründe liegen vor, dass Flüchtlinge mit Fiktionsbescheinigung kein Girokonto bei der Sparkasse Wetterau eröffnen können?
1a) Gelten in der Wetterau und für die Sparkasse Oberhessen das Zahlungskontengesetz und das Hessische Sparkassengesetz nicht?
1b) Ist es richtig, dass der Wetteraukreis bei den Banken eine interne Absprache traf, die die Einrichtung eines Bankkontos für Flüchtlinge mit Fiktionsbescheinigung betrifft? Wenn ja, wie sieht diese Absprache konkret aus?

2. Wieso sind die Mitarbeiter des Jobcenters darüber nicht informiert?

3. Wie sollen Flüchtlinge an die Ihnen zustehenden Leistungen kommen, wenn das Jobcenter Wetterau weder Schecks ausstellt, noch Barauszahlungen tätigt?

4. Wovon soll ein Flüchtling leben, der keinen Zugang zu seinen Leistungen erhält?

5. Wohin soll ein möglicher Arbeitgeber den Lohn überweisen?


 

… die o.g. Anfrage beantworte ich im Sachzusammenhang wie folgt:

Zunächst verweise ich darauf, dass dem Kreistag die Überwachung der Geschäftstä-
tigkeit der Sparkasse nicht zusteht.

Dennoch kann festgehalten werden, dass die Sparkasse Oberhessen den Wetterau-
kreis bei der Bereitstellung von Girokonten für Flüchtlinge unterstützt hat. Interne Ab-
sprachen zwischen dem Wetteraukreis und der Sparkasse bezüglich der Akzeptanz
von Identitätsnachweisen existieren nicht. Vielmehr wurden landesweit Fiktionsbe-
scheinigungen als Identifikationsnachweis vorübergehend akzeptiert. Nach einer
kürzlich erfolgten Änderung der Rechtsgrundlagen ist dies nicht mehr möglich. Vor-
geschrieben sind nun kraft Gesetz Nachweis, die mit Lichtbild versehen sind (An-
kunftsbescheinigung, Duldung, Aufenthaltsgestattung, Reisausweis).
Über diese Änderung der Rechtslage ist auch das Jobcenter informiert. Das Jobcen-
Ter konnte bisher in den wenigen Einzelfällen von Betroffenen ohne Girokonto Um-
gehungslösungen finden, in dem entweder Barzahlungen geleistet wurden oder die
Eröffnung eines Kontos mit anderen Nachweisen eingefordert wurde. Über Zah-
lungswege zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern könnten ähnliche Konstrukte
gefunden werden keine Aussage getroffen werden.

 

Mit freundlichen Grüßen
Arnold Landrat