Kreistagssitzung am 30. 10. 2024:
Diese Rede haben wir nicht gehalten. Weil schon im Vorfeld alle Kreistagsparteien Zustimmung signalisiert haben, wurde auf eine Debatte verzichtet. Wir veröffentlichen unseren Redebeitrag hier dennoch. Denn die Zusammenhänge zwischen „großer Politik“ und der finanziellen Situation im Wetteraukreis wöllen die anderen Parteien leider nicht sehen.
Herr Kreistagsvorsitzender, meine Damen und Herren,
DIE LINKE. Fraktion wird dem Nachtragshaushalt zustimmen.
Die Übernahme der Bad Nauheimer Anteile am Gesundheitszentrum Wetterau durch den Wetteraukreis unterstützen wir.
Wir erhoffen uns, dass die Trägerschaft des Wetteraukreises das GZW weiterhin sichern und die gesundheitliche Versorgung gewährleisten kann.
Doch Zweifel sind angebracht.
Ohne Probleme ist diese Übernahme durch den Wetteraukreis nicht. Auch wenn die Ablösesummen, die an Bad Nauheim gezahlt werden, eigentlich moderat sind, so ist die finanzielle Belastung für den Kreishaushalt hoch.
Es müssen zusätzlich Kredite aufgenommen werden – fast 7 Millionen mehr als sowieso schon im Haushalt 2024 vorgesehen – und dazu muss der Wetteraukreis als Träger des GZW nun auch die fehlende Investitionssumme von 30 Millionen für den Umbau des Hochwaldkrankenhauses bereit stellen. Auch wenn der Betrag auf mehrere Jahre gestreckt wird, ist das kein Pappenstiel.
Ich könnte jetzt sagen: Es ist zu hoffen, dass Bund und Land ihrerseits für eine auskömmliche Finanzierung sowohl der kommunalen Kassen als auch für die Refinanzierung der Krankenhäuser sorgen werden.
Doch das sage ich explizit nicht.
Denn alle hier wissen, dass dies kaum der Fall sein dürfte!
Und dass der Wetteraukreis mit der Aufgabe, fast alleiniger Träger des GZW zu sein, an seine finanziellen Grenzen kommt, wissen auch alle.
Wenn es nicht gelingt in Bund und Land eine solide Finanzierung der Gesundheitsversorgung zu ermöglichen, dann werden die Fehlbeträge im Haushalt des Wetteraukreises in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Es gibt keine Rücklagen mehr, die Kreisumlage kann nicht endlos erhöht werden. Die Kommunen sind sowieso unterfinanziert.
Meine Damen und Herren,
wir Linken machen in Haushaltsdebatten immer wieder auf diese Unterfinanzierung der öffentlichen Daseinsfürsorge aufmerksam.
Wir sagen: Je mehr Geld im Bund für Steuergeschenke an Hyperreiche und die Großkonzerne ausgegeben wird, je mehr Geld in den Rüstungshaushalt fliesst, desto prekärer wird die finanzielle Lage hier vor Ort in den Kommunen und im Kreis.
Es ist leider zu erwarten, dass es in den nächsten Jahren kaum noch finanzielle Spielräume geben und die Verschuldung der Kommunen ansteigen wird.
Wer ist in Berlin an der Regierung? Wer dreht an der Hochrüstungsspirale? Wer verteilt großzügig Steuergeschenke und geht nicht gegen Steuerbetrug vor? Wer plant eine Gesundheitsreform, die die Schließung Hunderter Krankenhäuser bedeuten kann?
Es sind Ihre Parteien meine Damen und Herren von SPD, Grünen und FDP, die diese Politik betreiben.
Und es sind CDU und AfD, die es noch schlimmer vorhaben.
Wir sagen es heute wieder:
Es wird wirklich Zeit, dass hier zukünftig nicht mehr nur der Mißstand verwaltet wird.
Es wird Zeit, dass Sie aktiv werden und in Ihren Parteien Druck machen für mehr Gemeinwohl statt für Unterfinanzierung und Privatisierungen.
Letztlich hängt der längerfristige Fortbestand des Gesundheitszentrums Wetterau davon ab.
Wir hatten in der letzten Kreistagssitzung den Antrag eingebracht, eine Klage des Kreiskrankenhauses Groß-Gerau zu unterstützen.
Das Krankenhaus Groß-Gerau klagt, weil die Bundesregierung und das Gesundheitsministerium die Krankenhäuser nicht bedarfsgerecht ausstatten, um die Bevölkerung auch versorgen zu können und weil das gegen das Krankenhausfinanzierungsgesetz verstößt, das die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser festlegt.
In Deutschland sind 80 Prozent der Kliniken unterfinanziert. Fast 70 Prozent der Krankenhäuser sehen dadurch ihre Existenz gefährdet.
Leider haben Sie, meine Damen und Herren, nicht den Mut aufgebracht, das Kreiskrankenhaus Groß-Gerau solidarisch zu unterstützen.
Fest steht: Gibt es in Bund und Land keine Wende hin zur Gemeinwohlorientierung, wird die Situation sehr bald ausgesprochen schwierig für den Wetteraukreis.
Immer mehr Aufgaben wurden und werden von oben nach unten verschoben. Kreis und Kommunen werden vor unlösbare Probleme gestellt.
Es ist jetzt die Zeit, laut zu werden und eine andere Politik einzufordern.