Probleme, Behörden zu kontaktieren

Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 19. 9. 2025.
Antwort der zweiten Beigeordneten vom 7. 10. 2025

Antwort / Vorbemerkung
Gemäß § 29 Absatz 2 S. 1 Hessische Landkreisordnung (HKO) überwacht der Kreistag die gesamte Verwaltung des Landkreises und die Geschäftsführung des Kreisausschusses. Aus dieser Norm ergibt sich u.a. das Fragerecht des Kreistags. Der Kreisausschuss hat somit Fragen zu beantworten, die der Überwachung der Kreisverwaltung und der Geschäftsführung des Kreisausschusses dienen können. Es besteht kein Anspruch auf die Beantwortung von Fragen zu anderen juristischen Personen und Fragen ohne Bezug oder Einfluss auf die tatsächliche Tätigkeit der Kreisverwaltung.
Das Jobcenter Wetterau ist eine Gemeinsame Einrichtung im Sinne des § 44b SGB 2. Die originären Aufgaben des Wetteraukreises nach § 6 Abs. 1 Ziffer 2 SGB 2 wurden mit Bildung der gemeinsamen Einrichtung auf diese übertragen und aus der Verwaltung des Wetteraukreises herausgelöst. Die gemeinsame Einrichtung ist kein Teil der Verwaltung des Wetteraukreises und wird somit nicht von der Überwachungskompetenz des § 29 Abs. 2 HKO erfasst.
Darüber hinaus unterliegen gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 HKO staatliche Auftragsangelegenheiten wie die Ausländerbehörde nicht dem Fragerecht des Kreistags.

Frage:
1. Immer mehr Behördenkontakte werden digital eingefordert. Das gilt auch für das Jobcenter und das Ausländeramt des Wetteraukreises.

a) Welche Hilfen geben Jobcenter und Ausländeramt Menschen, die mit digitaler Kommunikation nicht zurecht kommen?
b) Welche Hilfen geben Jobcenter und Ausländeramt Menschen, die Schwierigkeiten haben, das Amtsdeutsch zu verstehen?

Antwort: Die Fragen 1a + 1b werden zusammenfassend wie folgt beantwortet:
Die Homepage des Wetteraukreises bietet neben der Beschreibung aller Dienstleistungen „Eye-Able“ an. Ebenso ist im Gebäude A der Counter für persönliche Vorsprachen besetzt. Auch wird eine telefonische, postalische (analog und per E-Mail) und virtuelle Sprechstunde angeboten. Dieses digitale Angebot versteht sich als Ergänzung zur bisherigen Erreichbarkeit, wird jedoch verstärkt angenommen.
Das Jobcenter unterstützt durch eigenes Personal in den Eingangszonen, durch die Integrationsfachkräfte und die Digitalisierungsbeauftragte. Darüber hinaus erhalten alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit der Schulung und Unterstützung durch die Bewerbercenter in den Räumlichkeiten des Jobcenters. Wer dann nicht digital mit dem Jobcenter zusammenarbeiten kann oder will, hat weiterhin die Möglichkeit, dies analog zu tun. Im Übrigen wird auf die Antwort vom 8.9.2025 zur Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 20.8.2025 verwiesen.

c) Welche Mindestvoraussetzungen müssen digitale Geräte bzw. Handys für einen Kontakt mit der Behörde betreffend der Hard- und Software mitbringen?

Antwort: Die Anforderungen an die Hardware sind gering. Jeglicher digitale Kontakt mit den Behörden ist browserbasiert. Somit ist jegliche zeitaktuelle Hardware, auf der ein aktueller Browser installiert ist und die mit dem Internet verbunden ist, für die Kommunikation geeignet.

d) Wie wird dem Problem begegnet, dass ein Internetanschluss Geld kostet, das weder im AsylbLG noch in der Grundsicherung nicht vorgesehen ist? Und wie wird damit umgegangen, dass sich viele Hilfesuchende lediglich ein minimales Internetkontingent leisten können und damit nicht den ganzen Monat ausreichend Datenvolumen für eine Kommunikation mit den Behörden zur Verfügung haben?

Antwort: Aufwendungen für Kommunikationsdienstleistungen, zu denen der Erwerb eines Internetkontingentes zählt, sind regelbedarfsrelevante Positionen und somit Bestandteil des gewährten Regelbedarfes. Geflüchtete verfügen nach den Erfahrungen der zuständigen Verwaltungsbereiche im Regelfall über ein ausreichendes Datenvolumen, da dies insbesondere für die Kommunikation mit Familie und Freunden – auch im Heimatland – wichtig ist. Weiterhin sind die Gemeinschaftsunterkünfte mit einer Belegungskapazität ab 25 Personen mit einem leistungsfähigen öffentlichen WLAN ausgestattet.

2. Wie wir bei einem Besuch des Jobcenters erfahren haben, werden Hilfesuchende nicht mehr angeschrieben, wenn sie einen Weiterbewilligungsantrag stellen müssen, eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag erforderlich ist, o.ä.. Die Betroffenen sollen proaktiv handeln und die Weiterbewilligung von Leistungen ohne Anschreiben rechtzeitig vornehmen. Das setzt ausreichend Kenntnisse der Abläufe voraus. Man muss wissen, in welchem Turnus Weiterbewilligungen beantragt werden müssen.
a) Trifft diese Information zu?
b) Wenn ja: Wie werden die Hilfesuchenden aufgeklärt? Wird bei dieser Aufklärung beachtet, dass sprachliche Barrieren vorliegen können? Gibt es dazu Übersetzungen? Gibt es Dolmetscher?

Antwort: Die Information trifft zu. Hilfebedürftige müssen bei Vorliegen eines Unterstützungsbedarfs hier wie sonst einen Antrag stellen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1b) verwiesen.

3. Menschen mit Behinderungen sind mit dem BTHG gehalten, existenzsichernde Leistungen beim Sozialamt des Wetteraukreis zu beantragen.
a) Werden auch Menschen mit Behinderungen zur digitalen Kommunikation aufgefordert?

Antwort: Im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) können Menschen mit Behinderungen existenzsichernde Leistungen beim Sozialamt des Wetteraukreises beantragen.
In Bezug auf die digitale Kommunikation ist es wichtig, dass der Zugang zu den Leistungen für alle Bürgerinnen und Bürger einschließlich Menschen mit Behinderungen barrierefrei und chancengerecht gestaltet wird.
Die Antragstellung erfolgt bedarfsgerecht und kann über verschiedene Kommunikationskanäle erfolgen. Dies bedeutet, dass betroffene Personen ihr Anliegen sowohl per Post, Telefon als auch per E-Mail an die zuständigen Stellen herantragen können.
Es wird in keinem Fall eine ausschließliche Aufforderung zur digitalen Kommunikation ausgesprochen.
Die Bearbeitung der Eingliederungshilfe für Menschen im ersten Lebensabschnitt liegt in der Verantwortung des Wetteraukreises, während der Landeswohlfahrtsverband (LWV) für die weiteren Antragsbearbeitungen zuständig ist.

b) Müssen auch Menschen mit Behinderungen proaktiv Leistungen beantragen?

Antwort: Die Leistungsgewährung von existenzsichernden Leistungen setzt eine Antragstellung und entsprechende Anspruchsprüfung voraus.
Menschen mit Behinderungen sind nicht grundsätzlich verpflichtet, proaktiv Leistungen zu beantragen. Die Leistungen sollen barrierefrei, chancengerecht und bedarfsgerecht zugänglich sein. Dafür gibt es vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten bei der Antragstellung, sei es schriftlich, telefonisch oder persönlich. Darüber hinaus können Menschen mit Behinderungen auch proaktive Beratung und Hilfestellung von den zuständigen Behörden oder sozialen Trägern erhalten.
Die konkrete Umsetzung der Antragstellung hängt von den jeweiligen Angeboten sowie den individuellen Bedürfnissen und Umständen der Antragsteller ab. Zum Beispiel ist es erforderlich, bei einer erstmaligen Beantragung bestimmte Angaben in einem Antragsformular auszufüllen. Dies dient der passgenauen Prüfung der Leistungen und der Sicherstellung des Datenschutzes.

c) Wie wird mit Menschen mit Behinderung umgegangen, die eine Verwaltung ihrer Angelegenheiten nicht im Blick haben können? Welche Unterstützung seitens des Wetteraukreises gibt es?

Antwort: Für Menschen mit Behinderungen bietet der Wetteraukreis umfassende Unterstützungsleistungen an. Diese Unterstützung erfolgt durch verschiedene Maßnahmen, die individuell an die Bedürfnisse der betroffenen Personen angepasst werden.
Konkrete Unterstützungsangebote umfassen:
 Proaktive Beratung und Begleitung bei der Antragstellung, die sowohl schriftlich, telefonisch als auch persönlich erfolgen kann. In einigen Fällen werden auch Hausbesuche durch pädagogische Fachkräfte oder die Verfahrenslotsin angeboten.
 Hilfe bei der Organisation von Terminen und Fristen durch die pädagogischen Fachkräfte und die Verfahrenslotsin, um sicherzustellen, dass keine Fristen versäumt werden und die Antragstellung reibungslos erfolgt.
 Assistenz bei der Kommunikation, z.B. Unterstützung beim Verstehen von Informationen, Vorlesen von Dokumenten oder Übersetzungen in barrierefreie Formate. Ein Beispiel dafür ist das Tool „Eye Able“, das auf der Website des Wetteraukreises angeboten wird, um die Zugänglichkeit der digitalen Inhalte zu verbessern.
 Einsatz von persönlicher Assistenz, Betreuungs- oder Eingliederungshilfe, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist, um sicherzustellen, dass alle notwendigen Schritte zur Antragstellung und Leistungsgewährung problemlos durchgeführt werden können.
Der Wetteraukreis ist zuständig für die Eingliederungshilfeleistungen für Menschen im ersten Lebensabschnitt. Der LWV übernimmt die Verantwortung für die Bearbeitung der Anträge.
Darüber hinaus können Menschen mit Behinderungen auch persönliche, schriftliche oder telefonische Beratung und Unterstützung bei der jeweils zuständigen Fachstelle in Anspruch nehmen. Falls eine gesetzliche Betreuung oder eine Vollmacht vorliegt, wird dies in der Unterstützung berücksichtigt.

4. Warum ist es derzeit (z.B. 19. 9. 2025 aber auch schon längere Zeit) nicht möglich, Termine beim Ausländeramt online zu vereinbaren? Wenn das Portal nicht arbeitet: Können dann vor Ort Termine vereinbart werden? Was ist, wenn Aufenthaltsgenehmigungen ablaufen und kein Termin online zu vereinbaren ist? Was ist, wenn auf mails nicht geantwortet wird und vor Ort keine Vorsprache möglich ist, aber der Aufenthalt in Kürze abläuft?

Antwort: Durch die Umstellung der Vorgangsbearbeitung auf das neue System VALESKO (= „Vorgänge in der Ausländerbehörde zur Effizienzsteigerung in der Kundenbearbeitung und Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes“) können für einzelnen Dienstleistungen keine Termine mehr von extern gebucht werden. Stattdessen können hier Anträge (auch online) gestellt werden und die Mitarbeiter/innen des Amtes vereinbaren dann einen Termin mit den Kunden. Dies führt zu einer deutlichen Effizienzsteigerung der Bearbeitung von Vorgängen für Kunden und Mitarbeiter. (Weitere Informationen siehe anliegender Pressebericht.) In eiligen Fällen steht die Möglichkeit der Vorsprache weiterhin zur Verfügung. Antworten erfolgen dann, sobald möglich, bei krankheits- oder urlaubsbedingtem Personalengpass im Einzelfall zeitlich priorisiert.

5. Gibt es im Jobcenter Wetterau, beim Sozialamt des Wetteraukreises, beim Ausländeramt des Wetteraukreises ein Beschwerdemanagement?
Wenn ja,
– wie werden die Hilfesuchenden über die Möglichkeit der Beschwerde informiert?
– Wo können Beschwerden eingereicht werden?
– welche Ziele werden mit dem Beschwerdemanagement verfolgt?
– Wie ist es organisiert?
– Werden die Beschwerden ausgewertet/evaluiert?
– In welchem Zeitraum erfolgt die Evaluation?
– Wie fließen die Erkenntnisse in die Arbeit der Mitarbeiter:innen ein?
– Gibt es Schulungen auf Grundlage der Erkenntnisse für die Mitarbeitenden?
– Wird die Auswertung der Beschwerden irgendwo veröffentlicht? Wenn ja, wo?

Antwort: Auf jedem Schriftstück ist die zuständige Sachbearbeitung mit direkter Kontaktmöglichkeit sowie der zuständige Bereich (Fachbereich, Fachdienst, Fachstelle) genannt.
Gleiches gilt für E-Mails. Auch über die Webseite des Wetteraukreises ist eine direkte Kontaktaufnahme mit den verschiedenen Stellen möglich. Im Jobcenter weisen zudem Aushänge darauf hin, dass ein Feedback gewünscht wird. Zusätzlich existiert eine eigene E-Mail-Adresse Jobcenter-Wetterau.Feedback(at)jobcenter-ge.de.
Beschwerden können grundsätzlich bei jedem Beschäftigten eingereicht werden. Sie gehen auf unterschiedlichen Wegen ein, werden intern aufgearbeitet, festgestellten Problemen wird entgegengewirkt, Erkenntnisse werden den Beschäftigten mitgeteilt, Prozesse werden ggfs. optimiert und die Beschwerdeführer/innen über das Ergebnis informiert.
Eine Evaluation erfolgt regelmäßig durch die Führungskräfte. Die Ergebnisse fließen, soweit erforderlich, in Dienst- und Handlungsanweisungen ein. Auch werden Möglichkeiten der Schulung sowie regulärer Besprechungsformate genutzt. Eine Veröffentlichung findet nicht statt, da es sich meist um individuelle Fälle handelt und der Schutz von personenbezogenen Daten und Sachverhalte vorrangig zu beachten ist.