Protest gegen NPD-Bundesparteitag in Altenstadt

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14. Mai 2022: NPD Bundesparteitag in Altenstadt. Die faschistische Partei will sich in eine Grtaswurzelorganisation namens „Die Heimat“ umtaufen. Es gab Gegenprotest. Leider glauben einige Lokalpolitiker:innen, es braucht nur Bildung und dann erledige sich das rechtsradikale Problem. Das ist wohl zu bezweifeln.
DIE LINKE. Wetterau hat folgenden Redebeitrag beigesteuert:
„Heute demonstrieren wir gegen den Bundesparteitag der NPD.
Das haben wir schon mehrmals gemacht. Und man fragt sich ja, warum die NPD so gerne in die Wetterau kommt…
Die Hessische Spitze der NPD kommt aus der Wetterau: Vorsitzender und Geschäftsführer ist Daniel Lachmann, sein Stellvertreter Stefan Jagsch und auch der Schatzmeister ist ein Wetterauer. Zudem ist Lachmann Mitglied im Parteivorstand der Bundes-NPD.
In Hessen bilden Faschisten aus der Wetterau, aus Wetzlar/Lahn-Dill-Kreis und dem Main-Kinzig-Kreis einen Schwerpunkt der Bundes-NPD.
Immer wieder ist zu hören: Warum wertet ihr die NPD mit euren Gegenaktionen auf?
Die NPD tritt kaum noch in Erscheinung und sie hat auch Mandate verloren – 1 Mandat noch im Kreistag – und selbst dem Verfassungsgericht erschien sie zu unbedeutend, um ein Parteiverbot auszusprechen.
Das alles stimmt.
Dennoch gibt es genug Gründe für diese Gegenkundgebung.
Rechtes, völkisches und faschistisches Gedankengut sind keineswegs verschwunden. Das wissen alle hier auf dem Platz. Die AfD hat viele dieser Strömungen aufgesogen. Und wir brauchen keinesfalls noch ein Sammelbecken für Ultrarechte.
Nach dem 2. Weltkrieg war es breiter Konsens, dass es in Deutschland nie wieder Faschismus und nie wieder Krieg geben dürfe.
Beides gibt es heute.

Faschistische Organisationen gab es bald nach dem Krieg wieder. Sie waren zeitweise in Landtagen vertreten, oft in kommunalen Parlamenten. Faschisten arbeiteten wieder in der Justiz, an Schulen und Hochschulen, in der Armee und in Regierungsämtern.
In den letzten Jahren legen viele von ihnen keinen Wert mehr darauf, sich einen demokratischen Anstrich zu geben: Sie hetzen nicht mehr allein, sie ziehen brandschatzend und mordend durchs Land: Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen, Lübeck, Morde des NSU, Kassel, Hanau…
Und es gibt wieder Kriege, an denen Deutschland beteiligt ist: Direkte Kriegspartei waren wir beim völkerrechtswidrigen Krieg in Jugoslawien. Mit Logistik und Material und als Mitglied der NATO beteiligte sich die Bundeswehr unter anderem in Afghanistan, Irak, Kurdistan, Syrien, Westsahara, Mali, Sudan, Somalia – und derzeit sind wir Kriegspartei im Krieg in der Ukraine: Wir liefern schwere Waffen, bilden Soldaten der ukrainischen Armee aus und finanzieren die Kampfverbände.
Nie wieder Faschismus und Nie wieder Krieg wurden in den letzten Jahrzehnten als Losungen entwertet. Die Mehrheit der politischen Parteien steht nicht mehr hinter diesen Losungen.
Für die Kriegsbeteiligungen werden gewichtige Gründe angeführt.
Aber 1. gab es wohl zu jeder Zeit der Weltgeschichte solche gewichtigen Gründe für Krieg – einer ist immer der Profit – und
2. wurde Frieden noch nie mit mehr Waffen erreicht.
Das gilt auch für Heute.
Und dann wäre noch der Zusammenhang von Krieg und autoritären Entwicklungen zu nennen – sicher noch keine faschistischen Entwicklungen, aber bedenkliche schon.
Rassismus, eine völkische Geisteshaltung, die Unterdrückung einer kritischen Berichterstattung und die Nachsicht von Justiz und Polizei gegenüber marodierenden rechten Gruppen sind heute nicht zu übersehen.
Wir bemerken das in Russland. Darüber wird täglich in unseren Medien berichtet. Aber auch in der Ukraine wurden 11 Parteien verboten und die Berichterstattung gleichgeschaltet.
Mir macht Sorgen, dass viele Informationen und Einschätzungen auch bei uns nicht mehr verfügbar sind. Man muss ausländische Medien zur Information heranziehen, um einigermaßen solide informiert zu sein. In Frankreich oder Italien zum Beispiel wird differenzierter und breiter über den Krieg und die zugrunde liegenden Interessen berichtet. Beide Länder sind keine Kriegsparteien.
Auch eine andere Sache macht mir Sorgen und gehört nicht in eine demokratische Gesellschaft:
Es ist wirklich sehr beeindruckend, wie hilfsbereit ukrainische Geflüchtete aufgenommen werden. Die Behörden ermöglichen sofortigen Zugang zu Arbeit, Sozialleistungen, der Wetteraukreis hat eine Wohnungsbörse eingerichtet, es gibt keine Residenzpflicht, der ukrainische Pass berechtigt zur freien Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln und vieles mehr.
Das alles ist sehr zu begrüßen!
So sollte mit allen Kriegsflüchtlingen umgegangen werden! Und genau das ist leider überhaupt nicht der Fall.
All die genannten Hilfsangebote gelten für Kriegsflüchtlinge aus Afghanistan, Irak, Syrien oder den afrikanischen Ländern nicht. Hier sind Jahrelange schikanöse Prozeduren an der Tagesordnung.
An der Grenze Weißrussland/Polen werden Geflüchtete nach wie vor an der Einreise gehindert und im Mittelmeer ertrinken Hunderte von Menschen, weil sie keine legalen Einreisewege finden.
Wir demonstrieren heute gegen die NPD.
Weil eben solche völkischen Stimmungen, solche Ausländerfeindlichkeit und solcher Rassismus eine Gefährdung demokratischer Strukturen bedeutet.
Aber auch der Krieg befördert autoritäre Strukturen und keine demokratischen.
Beides muss zusammen gedacht werden. Und Rassismus und Kriegstrunkenheit sind tief in der Mitte der Gesellschaft verankert.
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch, formulierte Bertolt Brecht.
Leider hat er recht.